Gentz: Wir treten als Walnut gegenüber dem Verbraucher überhaupt nicht in Erscheinung, sondern stellen unsere Technologie Finanzdienstleistern zur Verfügung. Die können sich so sehr viel schneller modernisieren, als rein mit internen Ressourcen und den bestehenden, starren Strukturen.
Labbow: Wir bei blau direkt sehen uns als Insurtech. Wir sind ein gewachsenes Unternehmen mit 20 Jahren Erfahrung in Prozessoptimierung, Technologie und Abbildung von digitalen Strukturen. Das machen wir für sämtliche unserer Vermittler und Versicherungsgesellschaften. Und ganz klar: Ja, Versicherer und insbesondere der Vertrieb sind auf uns angewiesen.
Man hat ein wenig das Gefühl, dass die Branche ihr Verhältnis zu den Start-ups noch gar nicht richtig für sich definiert hat. Einerseits heißt es, es seien willkommene Partner, andererseits treten immer mehr Start-ups selbst als digitale Versicherer auf. Wie ist das Verhältnis?
Grabmaier: Man muss immer auf das Geschäftsmodell des Start-ups schauen. Letztlich ist es nicht so wichtig, ob ein Unternehmen neu am Markt ist, sondern wo es sich positioniert. Am Ende will natürlich jeder die Endkundenschnittstelle besetzen, aber wir wissen auch, wie teuer das ist. Wenn man das über TV-Werbung oder Google-Ads probiert, ist das sogar furchtbar teuer, und all die, die das versuchen, zahlen einen hohen Preis und scheitern dann vielleicht sogar an den Kundenakquisitionskosten. Die meisten Start-ups wählen daher den leichteren Weg, in B2B2C-Modelle zu gehen, das heißt, sich an Intermediärsstrukturen anzuheften oder mit ihnen zu kooperieren. Deshalb sehen wir im Markt deutlich mehr Kooperationsmodelle als glasklare B2C-Modelle.
Schmidt: Obwohl es das originäre Interesse vieler Start-ups war, den Endkunden direkt zu fokussieren. Doch wir werden feststellen, dass sie mehr und mehr auch wieder den Vertrieb dazuholen werden. Je anspruchsvoller die Themen werden, desto mehr persönliche Präsenz muss sein.
Würden Sie sich und Ihr Unternehmen eigentlich auch als Fintech definieren, Herr Sutor? Oder hätten Sie damit ein Problem?
Sutor: Zu Beginn haben wir das nicht so gesehen. Da hieß es eigentlich nur, dass wir jetzt einen Security Token herausgeben werden und das Geld in Start-ups investieren. Doch im Laufe der Zeit ist die Erkenntnis gereift, dass wir schon im Fintech-Bereich anzusiedeln sind. Dieser Token wird über kurz oder lang zu einem anderen Finanzierungsweg führen, und zwar vorbei an den Banken. Und dann sind wir beim Fintech.
Werden Online-Riesen wie Google und Amazon mittel- bis langfristig zu Konkurrenten für Versicherer und Vertriebe?
Neumann: Mit Big Data, also mit den Informationen, die sie über ihre Kunden haben, können diese Unternehmen unfassbar viel machen, wenn die Kunden es zulassen. Manch einer in der Branche glaubt, die Kunden würden Google nicht vertrauen, weil sie ja wissen, dass man ihre Daten dort weitergibt. Ich glaube, das ist ein Trugschluss. Viele Kunden werden sagen: Ich vertraue denen, die haben ja sowieso schon meine Daten und zeigen mir transparent für mich relevante Angebote.
Gentz: Ich glaube auch, dass es eine Frage der Zeit sein wird. Die Großen wie Amazon, Google und Apple arbeiten ja längst daran, dieses Vertrauen beim Kunden wieder aufzubauen. Sie sagen: Bei uns sind deine Daten sicher, alles wird gut. Für die meisten Nutzer geht es vor allem darum, dass Fremdfirmen nicht auf ihre Daten zugreifen können. Google und Co. können die natürlich schon einsehen und auswerten. Deshalb glaube ich auch, dass sie irgendwann in diesen Bereich vordringen werden. Wir haben noch einen Vertrauensvorsprung und müssen daran arbeiten, dass es auch dabei bleibt.
Wie beurteilen Sie die Situation im Bereich Robo Advice? Die automatisierten Geldanlagen scheinen sich in Deutschland ja bisher nicht so auszubreiten wie erwartet. Haben Sie eine Idee, woran das liegen könnte?
Rex: Das beruht auf unterschiedlichen Gründen. Zum einen sind Kunden bei der „anonymen“ Geldanlage im Internet noch skeptisch. Im Schnitt vertrauen sie eher ihrem persönlichen Bankberater. Das Niedrigzinsumfeld tut sein Übriges. Das Vertrauen in Geldanlageprodukte ist erodiert.
Seite sieben: „Wir müssen den Berater wieder zum Berater machen“