Arbeit und Urlaub stressfrei kombinieren

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Der Aufenthalt am ungewohnten Ort kann Kreativität fördern und andere Perspektiven öffnen.

Remote zu arbeiten ermöglicht es, den Arbeitsplatz an einen Urlaubsort zu verlegen. Oder im Urlaub zu arbeiten. Damit beides gelingt und die Erholung trotzdem klappt, gilt es ein paar Kniffe zu kennen. Gastbeitrag von Felix Pflüger, Peoplefone.

„Workation“ ist ein neues Kunstwort: Arbeit (Work) und Urlaub (Vacation) sollen zusammen funktionieren. Laut mehreren Umfragen wollen vor allem jüngere Arbeitnehmer ihre Homeoffice-Erfahrungen ins Ausland übertragen. Ob der Heimarbeitsschreibtisch dann im nahen Südtirol oder im fernen Bali steht, spielt da eine Rolle. Aber nicht nur die Zeitverschiebung schlägt auf die telefonische Erreichbarkeit durch. Wer Kollegen oder Kunden in Asien oder Amerika hat, kennt das Dilemma. 

Technik regeln

Auch in der Technik gilt es, auf Details zu achten. Als Provider betreuen wir mehr als 10.000 Geschäftskunden. Darunter etliche, die weltweit unterwegs sind. Eine stabile Internetverbindung ist das Kernelement, um im Urlaub erreichbar zu sein. Und damit Kosten beim Telefonieren nicht explodieren, empfiehlt es sich entweder auf SIM-Karten des jeweiligen Landes umzusteigen oder Modelle zu wählen, die länderübergreifend funktionieren, weil sie sich automatisch ins am besten verfügbare Netz einwählen. Die telefonische Erreichbarkeit wiederum ist deshalb wichtig, weil Mitarbeiter im Erholungsurlaub meist dann angerufen werden, wenn etwas Brenzliges passiert, das keinen Aufschub duldet. Alles andere kann via E-Mail erledigt werden und unterliegt meistens keiner hohen Dringlichkeit. Anders sieht das bei einer Workation aus, dem Arbeiten am Urlaubsort. Hier gilt die telefonische Erreichbarkeit zu den üblichen Geschäftszeiten. 

Erfahrungsbericht

Wie eine Workation aufzusetzen ist, kann ich aus eigener Erfahrung berichten: Vor ein paar Jahren konnte ich sechs Wochen lang halbtags von Polen aus arbeiten. Zu dieser Zeit war ich Vertriebsleiter und aus privaten Gründen im Ausland. Wir mieteten uns in Schlesien eine Wohnung mit einem besseren Internetanschluss als in Deutschland. Jeden Morgen habe ich am Küchentisch mein kleines Homeoffice aus Notebook, Headset und Drucker aufgebaut. Über eine virtuelle Telefonanlage war ich mit der deutschen Rufnummer meines Arbeitgebers in Polen erreichbar. Auch bei abgehenden Gesprächen wurde diese angezeigt.

Nachmittags verweilte ich mit der Familie am Badesee oder erkundete Land und Leute. Ab und zu habe ich abends, wenn alle geschlafen haben, die Mails vom Nachmittag beantwortet. Und für Notfälle war ich per App auf dem Mobiltelefon erreichbar. Rückblickend war die Zeit schön und lehrreich. Als ich mich nach sechs Wochen bei Kunden zurückmeldete, hörte ich oft: „Ich habe nicht gemerkt, dass du weg warst“. Meine Bilanz: Technisch ist Workation heute keine Herausforderung mehr.

Fixe Zeiten finden

Emotional dafür umso mehr. Zumindest für manchen. Da hilft es, im Urlaub das Eisenhower-Prinzip anzuwenden. Also Dringendes von Wichtigem zu unterscheiden. Wer das kann, bekommt seine Zeit gut gemanagt. Dem gelingt es, in den Ferien feste Zeiten freizuhalten, etwa um einen inspirierenden Strandspaziergang zu machen oder das Kulturgut einer Stadt zu erforschen. Gleichzeitig sind für das Arbeiten am Meer oder in den Bergen feste Uhrzeiten wichtig. Das steigert die Selbstdisziplin.

Auch kann Arbeiten im Urlaub stressbedingte Arbeitsausfälle vorbeugen. Diese kosten die Wirtschaft jährlich eine Milliarde Euro. Laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse und der TU Chemnitz sagen rund 60 Prozent der Befragten, die von zu Hause ausarbeiten, dass im Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verschwimmen. Workation bietet die optimale Work-Life-Balance. Nicht weil Arbeit und Entspannung voneinander getrennt werden, sondern weil Entspannung in den Arbeitsalltag integriert wird. Die Formulierung „Work-Life-Balance“ ist irreführend. Sie gaukelt Extreme vor, die es so nicht gibt. Vielmehr sollten Arbeit und Leben in Einklang gebracht werden. 

Work-Life-Blend

Unternehmer und Autor Andreas Nau schreibt in seinem Buch „Wertvoll in die Zukunft“: Arbeiten und Erholen sollten sich mischen. Die Zeit im Büro sollte idealerweise Lebensfreude liefern. „Work-Life-Blend“ lautet seine Formel. Dabei ist Individualität das Stichwort. Bei einer Workation können Mitarbeitende je nach produktiver Phase, Stimmung oder Workload Pausen flexibel gestalten und besser in den Alltag integrieren.

Hinzu kommt, bei Projekten, die ein hoch konzentriertes oder kreatives Arbeiten erfordern, kann sich eine Abwesenheit aus dem Alltagstrubel im Büro und zu Hause produktiv auswirken. Firmen gehen mehr und mehr dazu über, wichtige Meetings nicht mehr in den eigenen Räumen stattfinden zu lassen, sondern sich außerhalb und vor allem abgeschieden zu treffen. Sozusagen dem Team eine Kurz-Workation zu verordnen.

Asynchrones Arbeiten

So kann der Aufenthalt am ungewohnten Ort, ob alleine oder in der Gruppe, Kreativität fördern und andere Perspektiven öffnen. Denn oft erlahmen Ideen und Pläne durch Routinejobs. Eine lange Wanderung oder ein paar Stunden Surf-Kurs lüften hingegen das Gehirn und sorgen für frische Impulse. Das wiederum führt zu einem hohen Maß an Wohlbehagen – im Bestfall im Job und im Privatleben. Deswegen sollten Mitarbeitende arbeiten dürfen, wann und wo sie wollen, sofern sie die gewohnte Leistung liefern. Denn nicht alle Menschen sind zur selben Zeit produktiv. Es gibt Frühaufsteher und Nachtmenschen, Homeoffice-Freunde und Büroverfechter. Diese Individualität sollten Chefs respektieren und fördern, zum Beispiel indem sie asynchrones Arbeiten befürworten. So macht auch eine Kombination aus Anwesenheit im Büro und Homeoffice bzw. Remote Work Sinn. Der reale Kontakt zu Kollegen ist wichtig. Im Vertrieb ist das Voneinander-Lernen ein Punkt, der nicht zu unterschätzen ist.

Schnittstellen einrichten

Doch auch, wenn Kolleginnen und Kollegen im Urlaub nicht erreichbar sein wollen, sollten Führungskräfte das akzeptieren. Der Urlaub ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Eine permanente Erreichbarkeit in den Ferien ist dort zwar nicht verankert. Denn selbst wenn Arbeitnehmer über ein Diensthandy verfügen, gibt das dem Arbeitgeber nicht automatisch das Recht, sie im Urlaub anzurufen, wenn ihm der Sinn danach steht. Dies würde der Erholung entgegenstehen. Klug ist es daher, vorab das Konfliktpotenzial zu entschärften. Bedeutet für den Arbeitnehmer, seine Aufgaben sauber zu übergeben und für die Chefin, diese Schnittstelle zuvor einzurichten. Ein Tandemmodell kann hier helfen. So vertreten sich Kollegen wechselseitig während ihrer Abwesenheit.

Autor Felix Pflüger ist Geschäftsführer von Peoplefone Deutschland. Der Provider stammt aus der Schweiz und ist dort nach eigenen Angaben führender Anbieter.

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