Vom Mind-Set zum Mind-Change: Von Kopf bis Fuß auf Veränderung eingestellt

Foto: Michael Wiegmann
Dr. Anke Nienkerke-Springer

Gibt es etwas, was für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter wichtiger ist als Veränderungsbereitschaft? Wohl kaum. Darum ist es zielführend, diese Bereitschaft zu fördern.

Warum fällt es vielen Menschen so schwer, sich auf Veränderung einzulassen? Sie verharren im Nichtstun und verbauen sich jede Chance, aktiv auf die Veränderung einzuwirken und sie mitzugestalten. Das Problem beginnt wie so oft im Kopf, bei der Einstellung: Viele Führungskräfte und Mitarbeiter verfügen über ein Mindset, das sich nicht zum Change eignet. Stichworte sind: hemmende Glaubenssätze, blockierende Überzeugungen, veraltete Denkweisen, keine Werteorientierung, zuweilen sogar Prinzipienlosigkeit. Was also tun? Die Veränderung beginnt in unserem Denken: Erst wenn sich Führende und Mitarbeitende im Reflexionsprozess ihrer Stärken und Schwächen bewusstwerden, können sie sich flexibel auf neue Situationen einstellen und eine positive Veränderung herbeiführen. Aber das ist bei Weitem noch nicht alles

Veränderungsturbo 1: Bei sich selbst beginnen

Veränderungsbereitschaft hat zwei Dimensionen. Sie selbst sind in Ihrer Eigenschaft als Führungskraft gefragt und sollten zum Change bereit sein. Zudem sollten Sie mit gutem Beispiel vorangehen und die Veränderungsturbos bei den Mitarbeitern zünden. Beides gehört zusammen. Ein wahrhaftiger Veränderungsgeist entsteht im Unternehmen und den Abteilungen nur, wenn alle mit Herzblut und Leidenschaft mitmachen und von der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit des Change überzeugt sind. Veränderungen lösen stets auch Emotionen aus, leider nicht nur positive, weil Change oft abgelehnt wird. Entwickeln Sie sich also zum Veränderungs- und zum Emotionsmanager, der mit Sensibilität und Einfühlungsvermögen berücksichtigt, dass jeder Mitarbeiter anders reagiert und darum individuell angesprochen werden will.

Veränderungsturbo 2: Keine Veränderung ohne Verbesserung

Radikal-revolutionäre und disruptive Umbrüche sind notwendig und richtig – jedoch nicht immer. Jeder Change muss zwingend messbare Verbesserungen nach sich ziehen. Oft sind es Evolution und flexible Anpassung, die zur Zukunftsfähigkeit führen. Jede verbesserungsorientierte Veränderung beginnt mit der kühlen und klaren Standortanalyse. Auf dieser Basis erfolgt die Entwicklung hin zu einem gewünschten Soll-Zustand. Dazu braucht es eine Vision, ein Zielbild, eine klare Vorstellung über die Zukunft, die Sie gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeiten.

Veränderungsturbo 3: Kernbotschaft und Big Picture erläutern

Bleiben Sie nicht beim Zielbild stehen. Leiten Sie daraus eine Kernbotschaft ab, die Ihre Mitarbeiter mitreißt und motiviert, sich aktiv in den Changeprozess einzubringen. Erläutern Sie das Big Picture, erklären Sie das Warum und Wozu und betonen Sie, was Ihre Mitarbeiter jeden Tag leisten, um das Big Picture zu verwirklichen. Zielführend ist es, die Kernbotschaft mit Umsetzungsmaßnahmen und -aktivitäten zu verknüpfen, zu denen die Mitarbeiter ihre Zustimmung geben. Denn dann fühlen sie sich verantwortlich und sind bereit, ihren Beitrag zur Veränderung zu leisten.

Erhöhen Sie die Veränderungsbereitschaft, indem Sie die Menschen zuerst befähigen, eigene Entscheidungen zu treffen und selbstorganisiert zu arbeiten, um ihnen danach die Freiräume zu verschaffen, eigenständig und selbstverantwortlich zu handeln. Selbstorganisation ist kein Allheil- oder Wundermittel. Die Menschen müssen bereit und reif dafür sein. Selbstorganisation sollte von dem Team und den Mitarbeitern selbst gewollt sein.

Veränderungsturbo 4: Von Mensch zu Mensch Ängste nehmen

Im Veränderungsprozess sollen die Menschen im Mittelpunkt stehen, nicht der Prozess selbst. Die meisten Menschen wünschen keine Veränderungen und halten lieber am Bewährten fest. Es ist daher hilfreich, wenn der evolutionäre Fokus auf den vorsichtigen Anpassungen liegt und nicht auf dem disruptiven Umsturz. Trotzdem wird es ohne umfassendere Veränderungen nicht gehen. Darum: Nehmen Sie Ängste, Bedenken und Widerstände ernst, kommen Sie den Gründen dafür auf die Spur und setzen Sie Kontrapunkte, indem Sie den Nutzen der Veränderung für den Einzelnen, das Team, die Abteilung und das Unternehmen hervorheben. Tauschen Sie nicht nur bei sich selbst hemmende Glaubenssätze gegen Überzeugungen aus, die die Veränderungsbereitschaft stärken. Fördern Sie diesen Prozess bei den Mitarbeitern, indem Sie im Vieraugengespräch blockierende Haltungen ansprechen.

Veränderungsturbo 5: Selbstbewusstsein stärken

Natürlich gibt es neben den Ängstlichen und Bedenkenträgern die Selbstzufriedenen, die sich auf dem Erreichten ausruhen wollen. Auch bei diesen Mitarbeitern sollten Sie gegensteuern, indem Sie sie aus der Komfortzone herauslocken, ihnen neue Ziele aufzeigen, ihre Stärken betonen und signalisieren: „Ich weiß, du kannst das, ich traue es dir angesichts deiner Fähigkeiten zu, Vertrauen aufzubauen, den Kundenengpass aufzuspüren und den schwierigen Kunden zu gewinnen!“

Veränderungsturbo 6: Fähigkeit zum Remote Work aufbauen

Die Entwicklung zur Arbeit im Homeoffice und zum Remote Work, bei dem einige Mitarbeiter zu Hause, andere im Büro arbeiten, erfordert eine andere Art des Führens. Denn jetzt müssen Sie die Überzeugungsarbeit, aktiv an der Veränderung mitzuwirken, „aus der Ferne“ leisten. Darum ist es zunächst einmal notwendig, dass Sie sich mit den technischen Möglichkeiten und auch den emotionalen Herausforderungen des mobilen Arbeitens beschäftigen. Denn „New Work“ kann zur Vereinsamung führen, bis hin zur Depression. Statt allein auf das Homeoffice zu setzen und seelenlose Büroräume zu schaffen, sollte das Ziel darin bestehen, gemeinsame Treffen in Begegnungsräumen zu ermöglichen und zu fördern, in denen das informelle Miteinander gegeben ist. Ängste und Widerstände lassen sich am besten durch den gemeinsamen Austausch im persönlichen Gespräch und im Dialog überwinden.

Veränderungsturbo 7: Pragmatische Vorgehensweise wählen

Die evolutionäre Begleitung von Veränderungsprozessen setzt aufseiten der Führungskräfte die Aktualisierung von Tugenden voraus, die im New Work zuweilen vernachlässigt werden. Es ist richtig, die Veränderung zeitnah mit den Mitarbeitern zu besprechen und sie nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die frühzeitige Partizipation eröffnet ihnen die Rückschau auf das bereits Gelungene, die wiederum Ressourcen aktiviert, mit denen sich Zukunft gestalten lässt. „Wissen Sie noch, wie wir es gemeinsam geschafft haben, die neue Software zur Kundenakquise rechtzeitig an den Start zu bringen!“ Solche Ansprachen stärken den Teamgeist, lassen die Teammitglieder noch enger zusammenrücken und fördern Veränderungsbereitschaft. Wichtig ist: Mit dem Motto „Weg von – hin zu“ zeigen Sie Ihren Mitarbeitern die Richtung des Veränderungsprozesses auf, in die Sie Unternehmen, Abteilung, Teams und Mitarbeiter führen wollen.

Die Autorin

Dr. Anke Nienkerke-Springer ist Expertin für Top-Managementcoaching. Sie berät und begleitet ambitionierte Unternehmen in Veränderungs- und Wachstumsprozessen. Ihre Bücher „Personal Branding durch Fokussierung“ und „Evolution statt Revolution. Unternehmerische Zukunft verantwortungsvoll gestalten“ sind bei GABAL erschienen.

[email protected], www.nienkerke-springer.de

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