BGH: Kehrtwende bei Haustürgeschäften?

Der Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) stellt seine bisherige Rechtsprechung zum Widerrufsrecht bei Fondsbeteiligungen in Frage und legt sie dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), Luxemburg, zur Entscheidung vor (Az.: II ZR 292/06). Unter Umständen drohen Kämpfe von Anlegern gegen Anleger.

Es geht um die Folgen, die durch den Widerruf einer Beteiligung ausgelöst werden. Ein solcher Widerruf ist auch noch Jahre nach dem Beitritt möglich, wenn der Vertrag in einer „Haustürsituation“ abgeschlossen wurde und der Anleger nicht korrekt über sein gesetzliches Widerrufsrecht aufgeklärt wurde. Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen sind ein beliebter Ansatzpunkt für Anlegeranwälte, die ihre Mandanten aus fehlgeschlagenen Investments herausboxen wollen.

Bei Gesellschaftsbeteiligungen, also auch bei geschlossenen Fonds, wird der Widerruf laut Rechtsprechung bisher aber nur in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet. Der Anleger erhält seinen Anteil am Fondsvermögen, das zum Zeitpunkt des Widerrufs bestand. Der BGH würde zwar gerne daran festhalten, hat aber Zweifel, ob dies noch dem EU-Recht entspricht. Sollte der EuGH die bisherige Praxis kippen, könnten ausscheidende Anleger den vollen Beteiligungsbetrag von dem Fonds zurückverlangen.

Was zunächst positiv klingt, kann dramatische Folgen haben. Bei Problemfonds könnte ein „Windhundrennen“ der Anleger einsetzen: Die schnellsten von ihnen könnten sich so lange am Fondsvermögen schadlos halten, bis nichts mehr da ist. Die anderen Anleger gingen leer aus oder müssten sogar noch nachzahlen.

In dem konkreten Fall hatte sich ein Anleger 1991 an einer GbR, also mit persönlicher Haftung, beteiligt. Elf Jahre später widerrief er die Beteiligung, sollte aber die bis dahin aufgelaufenen Verluste anteilig tragen und demnach noch 16.300 Euro nachzahlen. Wenn der EuGH zu seinen Gunsten entscheidet, müssen hingegen die verbleibenden Anleger des Fonds den Verlust tragen und dem Ausscheidenden zudem seine ursprüngliche Beteiligungssumme zurückzahlen. Die anteilige persönliche Haftung des Ausscheidenden wächst ihnen schon nach aktueller Rechtslage zusätzlich zu.

Die Vorlage an den EuGH betrifft indes nicht nur GbR-Fonds. Der BGH weist darauf hin, dass sich dasselbe Problem auch bei Fonds in Gestalt von Kommanditgesellschaften stellen kann. Dies dürfte auch für Beteiligungen gelten, die seit 2004 per „Fernabsatz“ abgeschlossen wurden. (sl)

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