Die Regierung hat den geplanten Beschluss des Gesetzentwurfs zur „Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes“ verschoben. Grund sollen Uneinigkeiten über die Regulierung des Vertriebs geschlossener Fonds sein.
Ursprünglich war vorgesehen, dass das Bundeskabinett den Entwurf auf seiner Tagung am morgigen Mittwoch beschließt. Doch laut einer Mitteilung der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gibt es innerhalb der Koalition Streit um die neuen Regeln für den Kapitalmarkt. Stein des Anstoßes ist demnach der Vertrieb geschlossener Beteiligungen. Die Konfliktlinie soll zwischen Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) und Bundesfinanzministerium (BMF) verlaufen, wie cash-online aus Verbandskreisen erfuhr. Offensichtlich fühlt man sich im BMWI übergangen und vom ambitionierten Zeitplan überrumpelt, den das BMF vorgegeben hat.
Doch auch inhaltlich gibt es Zündstoff: Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Anlegerschutz-Debatte von Anfang an betont hat, geschlossene Fonds als Finanzinstrumente im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes behandeln und die Vermittlung unter das Kreditwesengesetz (KWG) stellen zu wollen, setzt sich Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) für eine Regulierung nach dem Gewerberecht ein.
Für den freien Finanzvertrieb ist das Thema von außerordentlicher Brisanz. Sollte sich Schäuble durchsetzen, dürften Vermittler geschlossene Fonds künftig nur noch dann vertreiben, wenn sie über eine Zulassung als Finanzdienstleistungsinstitut verfügen oder sich einem Haftungsdach anschließen und als gebundener Agent im Namen und Auftrag eines Finanzdienstleistungsinstituts tätig werden.
Experten befürchten deshalb, dass eine Regulierung nach dem KWG das Geschäftsmodell selbstständiger Vermittler in seiner Existenz bedrohen würde. Der Branchenverband VGF warnte bereits vor einem Massensterben der freien Vertriebe.
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