BGH: Auslandspresse kann Pflichtlektüre für Berater sein

Der Beklagte hat also das Glück, dass der Anwalt der Anlegerin keine negativen Berichte in der einschlägigen deutschen und internationalen Presse über die NEIS gefunden hat. Andernfalls hätte er wohl zahlen müssen.

Schließlich hat der gleiche Senat des Gerichts im vergangenen Jahr einen Anlageberater zum Schadenersatz verurteilt, nur weil er eine winzige Meldung (sieben Zeilen) auf Seite 23 des „Handelsblatts“ drei Tage nach dessen Erscheinen nicht kannte (III ZR 302/08). Diese Zeitung ist demnach Pflichtlektüre. Vorrangig zu berücksichtigen sind daneben die Börsenzeitung, die Financial Times Deutschland und die FAZ.

Welche internationalen Medien bei einem Auslandsbezug des Fonds zur Pflichtlektüre zählen, lässt das Gericht offen. Offenbar erwartet der BGH aber, dass Anlageberater Zeitungen wie das „Wall Street Journal“ oder die englische „Financial Times“ zeitnah und akribisch durcharbeiten, wenn sie zum Beispiel Ausland-Immobilienfonds oder Schiffsbeteiligungen mit internationalen Vertragspartnern vermitteln. Als Alternative bleibt ihnen nur, den Anleger vor dem Vertragsabschluss darüber zu informieren, dass sie keine entsprechenden Recherchen vorgenommen haben – oder darauf zu hoffen, dass dort nichts Negatives über die wesentlichen Projektpartner stand.

Bisher spielen in den BGH-Urteilen, die sich überwiegend auf Vorgänge aus den 1990er Jahren beziehen, nur Print-Medien eine Rolle. Das Internet ist dort noch nicht angekommen. Insofern bleibt offen, inwieweit es heutzutage ausreichend oder notwendig sein kann, die wesentlichen Projektpartner über eine entsprechende Abfrage bei Google oder anderen Suchmaschinen zu überprüfen. Das wird der BGH wohl erst in einigen Jahren – rückwirkend – entscheiden. (sl)

Foto: Shutterstock

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