VGF-Hauptgeschäftsführer Eric Romba allerdings wiegelte im Cash.-Interview auf dem VGF-Summit bei diesem Thema ab: „Das Prospektgutachten verliert nicht automatisch seine Relevanz, wenn ein Prospektnachtrag veröffentlicht wird, denn dadurch wird ja nie der gesamte Prospekt geändert. Es kommt immer darauf an, ob die Änderungen substanziell waren und die neuen Informationen ausschlaggebend für den Beitritt des Anlegers waren“. Je umfangreicher die Nachträge sind, desto größer wird demnach allerdings die Unsicherheit für den Vertrieb, wenn er ohne neues IDW-Gutachten weitervermittelt.
Drei oder mehr Prospektnachträge sind keine Ausnahme mehr
Sicher ist jedenfalls: Sobald ein Nachtrag veröffentlicht wurde, darf der Auftraggeber das bisherige IDW-Gutachten nicht mehr verwenden oder darauf hinweisen. So steht es im IDW S 4. In der Praxis rücken die Wirtschaftsprüfer das Gutachten, das generell nur gegen eine gesonderte Auskunftsvereinbarung erhältlich ist, schlicht nicht mehr heraus. Stattdessen müsste der Anbieter den Wirtschaftsprüfer beauftragen, ein neues Gutachten zu erstellen, das den Nachtrag einbezieht. Ob dieser noch einmal den gesamten Prospekt prüft und auf Aktualität untersucht oder nur den Nachtrag unter die Lupe nimmt, muss er selbst entscheiden.
Konsequent zu Ende gedacht, müsste bei jedem Nachtrag die Platzierung des Fonds bis zur Fertigstellung des neuen Prospektgutachtens ausgesetzt werden. Das jeweils vier- bis fünfstellige Honorar des Wirtschaftsprüfers tut sich allerdings kaum ein Initiator an, zumal nicht wenige Prospekte mittlerweile drei oder mehr Nachträge haben. Eigentlich sollten es in manchen Fällen noch erheblich mehr sein, da jede wesentliche Veränderung laut Gesetz „unverzüglich“ veröffentlicht werden muss.
Bafin als passiver Beobachter
Schon vor knapp zwei Jahren sagte der für Wertpapiere und geschlossene Fonds zuständige Bafin-Chef, Karl-Burkhard Caspari, im Interview in Cash. 9/2008: „Das ‚Sammeln’ mehrerer wesentlicher Veränderungen über einen längeren Zeitraum und deren Veröffentlichung in nur einem Nachtrag ist nicht zulässig und kann zu einem Bußgeld führen.“
Anders als die Prospekte müssen die Nachträge nicht vor der Veröffentlichung von der Bafin gestattet werden, sondern der Anbieter muss sie lediglich per Pflichtanzeige in einem der sieben Börsenpflichtblätter bekannt machen und bei der Behörde hinterlegen. Ob ein Nachtrag erstellt wird, entscheidet allein der Anbieter. Die Bafin schreitet nicht von sich aus ein, fordert die Initiatoren also auch bei gravierenden Änderungen nicht aktiv zu Nachträgen auf.
Versicherer: Mit Spitzfindigkeiten aus der Leistungspflicht
Zurück zur Haftungsfalle: VSHV-Profi Rehfeldt ist zwar kein Fall bekannt, in dem die Versicherung bislang mit Hinweis auf den nicht vom Wirtschaftsprüfer gecheckten Nachtrag die Deckung verweigert hätte. Aber generell würden die Versicherer nicht selten versuchen, sich mit Spitzfindigkeiten aus der Leistungspflicht zu befreien, so Rehfeldt. Das dürfte insbesondere bei größeren Schadensfällen gelten, von denen der Branche wohl noch einige bevorstehen.
Rehfeldt hofft auf die anstehende Regulierung der Branche. „Wenn die VSHV zur Pflichtversicherung wird, muss der Gesetzgeber definieren, welche Risken mindestens abgedeckt werden“, sagt er. „Entscheidend bei der Regulierung wird auch sein, dass der Vertrieb nicht für den Prospekt verantwortlich ist, sondern ausschließlich der Initiator“, fordert Rehfeldt.