Versicherungssteuer bedroht Schiffsfonds

Hermann Ebel, Chef des Emissionshauses Hansa Treuhand, sieht die deutsche Schifffahrtsbranche von unerwarteter Seite existenziell bedroht: Das Bundeszentralamt für Steuern will nachträglich Versicherungssteuer von Schiffen kassieren, die in Einnahmepools fahren.

Hermann Ebel, Hansa Treuhand Holding

Was sich unspektakulär anhört, kann gravierende Folgen haben. „Es geht um hunderte von Millionen Euro“, sagte Ebel bei einem Gespräch mit Pressevertretern in Hamburg. Eine Vielzahl von Fonds, die wegen der andauernden Krise ohnehin am Rande der Existenz stünden, würde die zusätzliche Versicherungssteuer in die Insolvenz treiben.

Es geht um Schiffe, die sich zusammengeschlossen haben, um ihre Einnahmen gleichmäßig untereinander aufzuteilen. Die gut verdienenden Schiffe gleichen die Mindereinahmen anderer Frachter aus. Gerade in Krisenzeiten können solche Einnahmepools das Schlimmste verhindern.

1.000 Schiffsfonds vor der Insolvenz

Das Bundeszentralamt jedoch stuft sie nun als eine Art Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit ein und will nachträglich – für bis zu sieben Jahre rückwirkend – 19 Prozent Versicherungssteuer auf die Ausgleichszahlungen innerhalb der Pools kassieren. Hinzu kommen eventuell sogar noch Ordnungsstrafen wegen unerlaubter Versicherungsgeschäfte. Ebel ist fassungslos, zumal die Einnahmepoolung seit vielen Jahren gang und gäbe ist und allgemein als sinnvoll angesehen wird.

Der Reeder ist sonst eher bekannt dafür, auch in kritischen Phasen Optimismus und Gelassenheit an den Tag zu legen. Für den Fall jedoch, dass die Behörde ernst macht, sieht Ebel schwarz: „Dann können sich allein in Hamburg 1.000 Fonds bis spätestens Ende Januar 2013 in die Schlange beim Amtsgericht einreihen, um Insolvenz anzumelden“, befürchtet er.

Helfen könne nur die Politik mit einer entsprechenden Anweisung des Finanzministeriums an das Bundeszentralamt. Denn den langwierigen Gang über die Gerichte würden die meisten Fonds nicht durchhalten.

Selbst wenn ein Aufschub der Zahlung zu erreichen sei, müsse eine entsprechende Rückstellung in der Bilanz gebildet werden. Das würden die ohnehin ausgereizten Bilanzen nicht mehr aushalten und die Fonds wären endgültig überschuldet. Sobald der Bescheid über die Versicherungssteuer ergehe, seien die Geschäftsführer kurzfristig zum Insolvenzantrag gezwungen, um sich nicht strafbar zu machen oder in eine persönliche Haftung zu geraten, so Ebel.

Hoffnungsschimmer für Frachter unter 7.500 TEU

Auch für seine eigene Flotte, für die er die Mehrbelastungen durch die Versicherungssteuer auf bis zu 30 Millionen Euro schätzt, schließt Ebel in diesem Fall Insolvenzen nicht aus. Bisher sind Anleger der Hansa Treuhand davon verschont geblieben – auch weil 90 Prozent ihrer Schiffe in Einnahmepools fahren und sich gegenseitig stützen.

Für etwa die Hälfte der Fonds seien 2010 und 2012 erfolgreich Kapitalmaßnahmen durchgeführt, also frisches Geld der Anleger eingesammelt worden. Die Bereitschaft der Anleger zur Beteiligung daran sei seit Mitte 2012 aber spürbar erlahmt, schränkte Ebel ein.

Sieben ältere Schiffe wurden oder werden (not-)verkauft, hauptsächlich wegen der anstehenden Klasseerneuerung (turnusmäßige Überprüfung und Überholung der Schiffe), die sich wegen des schwachen Chartermarkts nicht mehr lohnte oder für die keine Finanzierung zu bekommen war. „In allen Fällen haben die Anleger über die Laufzeit einen Überschuss erzielt“, betonte Ebel.

Eine kurzfristige Markterholung erwarte er nicht. Bei Containerschiffen mit weniger als 7.500 Stellplätzen (TEU) seien aber erste Anzeichen einer Entspannung erkennbar. Die Zahl der Schiffe ohne Beschäftigung sei in diesen Größenklassen rückläufig, die Verschrottungsrate weiterhin hoch und die Orderbücher weitgehend leer. „Spätestens im zweiten Halbjahr 2013 werden die Raten wieder steigen“, sagte Ebel.

Bis dahin müssen die Fonds mindestens noch durchhalten. Das dürfte für viele schon ohne die Querschüsse aus der Finanzverwaltung schwer genug sein.

Update: Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ (14. Dezember) hat Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gegenüber dem Verband Deutscher Reeder (VDR) angekündigt, sich bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für die Abschaffung der Versicherungssteuer einzusetzen.

Die Entscheidung darüber liegt jedoch bei dem Schäuble-Ministerium. Laut „F.A.Z.“ (17. Dezember) bestätigte eine Sprecherin von Schäuble Gespräche mit dem VDR, es sei jedoch keine Option, die Versicherungssteuer per Erlass zu stoppen. (sl)

Foto: Hansa Treuhand

 

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