Regulierung: Der Nebel lichtet sich etwas

In Zusammenhang mit der Regulierung geschlossener Fonds zeichnen sich in zwei wesentlichen Punkten Lösungen ab. Für den Vertrieb hingeben bleiben Risiken.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) habe in der Diskussion über die maximale Fremdkapitalaufnahme eingelenkt, berichtete Eric Romba, Hauptgeschäftsführer des bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen, auf dem „Tag der Sachwertinvestments“ der Börsen-Zeitung am Montag in Hamburg.

Demnach bezieht sich der Anteil von 60 Prozent Fremdkapital, den das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) als Grenze für Publikumsfonds definiert, auf das Bruttovermögen des Fonds, also auf den Wert der Assets vor Abzug der Kredite. Das ergebe sich trotz einer ungenauen Formulierung im Gesetz aus allen Äußerungen und Protokollen im Gesetzgebungsverfahren, so Romba. Das habe nun auch die Bafin anerkannt.

Die Behörde hatte das Gesetz zunächst eng am Wortlaut so interpretieren wollen, dass sich die Quote auf den Wert des Fonds erst nach Abzug des Fremdkapitals bezieht. Daraus hätte sich ein maximaler Kreditanteil von 37,5 Prozent der Gesamtinvestition errechnet, was die Konzeption vieler Fonds erheblich erschwert hätte.

 

Kompromiss für „offen“ und „geschlossen“ in Sicht

Auch bei dem zweiten großen Fragezeichen der Regulierung zeichnet sich eine Lösung ab. In diesem Fall streiten sich die EU-Kommission und die europäische Wertpapieraufsicht ESMA über die grundlegende Frage, wann ein Fonds als offen und wann als geschlossen anzusehen ist.

Die Kommission hatte im Sommer überraschend verlangt, dass alle Fonds, die eine Rückgabemöglichkeit vorsehen, unabhängig von deren Frist als offen eingestuft werden. Die ESMA war anderer Ansicht. Nach dem letzten Diskussionsstand sollen nun Fonds mit einer Haltefrist von mindestens fünf Jahren als geschlossen angesehen werden, so Romba. Er rechne noch im November mit einem entsprechenden abschließenden Schreiben der Behörden.

Für die Fonds ist die Unterscheidung zwischen offen und geschlossen eminent wichtig, da für die beiden Gattungen vollkommen unterschiedliche Vorschriften und Übergangsregelungen gelten. Hinsichtlich des generellen Anwendungsbereichs des KAGB erwarte er hingegen in absehbarer Zeit keine Änderung des betreffenden Schreibens der Bafin, sagte Romba.

 

Votum-Verband fordert weiterhin IDW-Gutachten

Derweil wies Martin Klein, Geschäftsführer des Vermittlerverbands Votum, darauf hin, dass der Prüfungsumfang der BaFin hinsichtlich der Fondsprospekte nach dem KAGB sogar hinter den bisherigen Anforderungen zurückbleibe.

„Die Bafin prüft nur die formale Vollständigkeit der Prospekte“, sagte Klein. Die Prüfung auf „Kohärenz“ (innere Widerspruchsfreiheit), die bisher vorgesehen war, finde sich in dem KAGB nicht. Auch die Richtigkeit der Angaben im Prospekt und die Plausibilität seien weiterhin nicht Gegenstand der Prüfung durch die Bafin.

Klein plädierte daher dafür, dass die Anbieter auch künftig Prospektgutachten durch Wirtschaftsprüfer nach dem Standard IDW S4 in Auftrag geben. Zudem sei der Vertrieb weiterhin zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet, betonte Klein. Das gelte auch für reine Vermittler, nicht nur für Berater.

 

Vertrieb haftet auch künftig für Plausibilität

Zur Prüfung der Plausibilität könne der Vertrieb auch auf externe Analysen zurückgreifen, sagte der Votum-Chef. Er bleibe aber gegenüber den Kunden dafür verantwortlich. Eine unterlassene Plausibilitätsprüfung allein begründe jedoch keinen Regressanspruch der Anleger. „Die Gegenseite muss stets auch einen relevanten Fehler im Prospekt nachweisen“, stellte Klein klar.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung haftet der Vertrieb also nicht dafür, dass er eine Plausibilitätsprüfung selbst durchgeführt hat und dies nachweisen kann. War der Prospekt – aus Sicht des Gerichts – in Ordnung, ist der Vertrieb auch dann aus dem Schneider, wenn er überhaupt keine Prüfung durchgeführt hat.

Umgekehrt enthaftet auch eine noch so gut dokumentierte selbst durchgeführte Prüfung den Vertrieb nicht, wenn er dabei einen wesentlichen Punkt übersehen hat. Denn dann wird das Gericht urteilen: Das hätte er bemerken und den Anleger entsprechend aufklären müssen.

Die entscheidende Frage ist am Ende also nicht: Kann der Vertrieb eine eigene Plausibilitätsprüfung nachweisen? Sondern: Waren das Konzept und der Prospekt plausibel? Daran ändert sich auch für künftige Fonds nach dem KAGB nichts. (sl)

Foto: Shutterstock

 

 

 

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