Offshore-Windenergie ist eine tragende Säule der Energiewende – das weltweite Investitionsvolumen in solchen Anlagen wird bis 2020 auf 130 Milliarden Euro anwachsen. Doch die Branche steht auch vor großen Herausforderungen, so die Studie „Offshore Wind toward 2020 – on the Pathway to Cost Competitiveness“ von Roland Berger Strategy Consultants.
Demnach wird bis 2020 wird vor den europäischen Küsten eine Offshore-Kapazität von 40 GW installiert sein. Zentrale Herausforderungen bestehen darin, dass die Offshore-Parks werden immer größer, ihr Abstand von der Küste wächst, und die Wassertiefe der Neuinstallationen steigt. Dies führe zu höheren Investitionskosten sowie komplexeren Projekten. Laut Roland Berger sollte die Offshore-Windindustrie zudem ihre Energiegewinnungskosten deutlich senken, um gegenüber anderen Energieformen wettbewerbsfähig zu werden. Technische Innovationen, neue Finanzierungsmodelle sowie stabile politische Rahmenbedingungen könnten die Offshore-Windenergie hingegen beflügeln.
„Der Offshore-Windenergiesektor wird in den kommenden Jahren stark an Bedeutung gewinnen, denn eine Energiewende ist ohne die tragende Säule Wind Offshore im Energiemix nur schwer vorstellbar“, erklärt Marcus M. Weber, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. „Umso wichtiger ist es, dass die Branche schnell kostensenkende Industrialisierungseffekte realisiert und die Politik verlässliche Rahmenbedingungen schafft.“
Offshore-Windenergie wird ausgebaut
Beim Wachstum der Offshore-Windenergie wird Europa laut Roland Berger eine Vorreiterrolle einnehmen, denn die Länder hätten sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Dies erfordere entsprechend hohe Investitionssummen: Werden heute in Europa etwa sieben Milliarden Euro jährlich in den Ausbau der Offshore-Windenergie investiert, so dürften Schätzungen der Strategie-Berater zufolge 2020 mehr als 14 Milliarden Euro sein. In Asien erwarten die Consultants, dass das Investitionsvolumen von aktuell 1,6 Milliarden Euro auf bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr zunehmen wird.
Während Offshore-Windparks, die sich bereits in Betrieb befinden, eine durchschnittliche Kapazität von circa 200 Megawatt (MW) haben, liegt die Kapazität von neu genehmigten Windparks mittlerweile bei rund 340 MW. „Dieser Trend zu größeren Windparks beziehungsweise größeren Anlagen hilft, die Gestehungskosten weiter zu senken“, so Weber.
Kosten im Griff halten
Auf der anderen Seite kämpft die Offshore-Industrie immer noch gegen hohe Kosten. Dabei tragen die Kosten für die Turbinen laut Roland Berger zu einem Viertel der Gesamtkosten eines Offshore-Parks bei. Wartung und Instandhaltung bilden den größten Kostenblock (im Schnitt 28 Prozent). Hier sehen die Consultants weiteres Kostensenkungspotenzial, um die Wettbewerbsfähigkeit der Offshore-Windenergie zu erhöhen: „Größere Windturbinen, neue Fundamentvarianten, eine effizientere Fertigung der Anlagen in Kleinserien sowie spezielle Errichtungsschiffe spielen eine wesentliche Rolle“, weiß Weber.
Eine Kilowattstunde Strom aus Offshore-Windenergie kostet demnach derzeit etwa 14 Eurocent. Schafft es die Branche, die Herstellungskosten für Offshore-Windenergie bis 2020 um rund 30 Prozent zu senken, so lässt sich ein Energiepreis von neun Cent/kWh erreichen. Nach Ansicht der Consultants wäre damit ein weiterer wichtiger Schritt der Offshore-Windenergie auf dem Wege zu einem wettbewerbsfähigen Kostenniveau getan.
Neue Finanzierungsmodelle gefragt
Großprojekte wie Offshore-Windparks setzen bei den beteiligten Unternehmen eine entsprechende Kapitalstärke und einen langen Atem voraus: sieben bis zehn Jahre dauert die Projektentwicklung für einen Windpark – von der Planung über die Genehmigung und Finanzierung bis hin zur Fertigstellung der Anlage berichtet Roland Berger. „Derzeit müssen Unternehmen, die in Offshore investieren, noch vergleichsweise hohe Risiken auf sich nehmen“, so Weber.
Demnach werden aktuell 70 Prozent der weltweiten Offshore-Windparks von großen Energieversorgern direkt finanziert. Nur selten sind strategische Investoren (19 Prozent) oder Finanzinvestoren (elf Prozent) in Offshore-Projekten involviert. Doch in Zukunft werden Energieunternehmen nicht mehr in der Lage sein, die hohen Investitionssummen allein zu stemmen.
„Energieversorger binden zunehmend Finanzinstitutionen wie Banken und Versicherungen, aber auch Stadtwerke als Minderheitsinvestoren in ihre Offshore-Projekte ein“, sagt Weber. „Denn so reduzieren sie ihre Kapitalbindung und ihr strategisches Risiko.“ Doch dafür benötigt die Offshore-Industrie stabile politische Rahmenbedingungen. Denn nur dann sind Investoren bereit, den Ausbau der Offshore-Windanlagen zu unterstützen. „Besteht kein Vertrauen in die langfristige Perspektive dieser Technologie, so drohen der Branche in den kommenden Jahren existenzielle Probleme“, warnt der Roland-Berger-Partner und spezialisiere Consultant. (te)
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