Cash.: Momentan wird eifrig über die Bewertung von Immobilien diskutiert. Tendieren Sie eher zur deutschen oder zur angelsächsischen Bewertungssystematik?
Thomas: Hier kommt es sicherlich darauf, an was man will: Möchte man wirklich wissen was das eigene Vermögen derzeit wert ist, dann kommt man sicherlich um die angelsächsische ‚Mark-to-Market’-Methode nicht herum. Diese ist keine kurzfristige Betrachtung sondern eben bezeichnend dafür, was heute für dieses Objekt im Markt erhältlich wäre. Genauso verhält es sich bei Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren. Langfrist-Investoren können gegebenenfalls auch mit der deutschen Bewertungsmethode leben, in der das Prinzip der Langfristigkeit beziehungsweise Nachhaltigkeit greift: ich habe hier einen Wert, der vor drei Jahren für das Objekt zu erzielen war und vielleicht in drei Jahren wieder zu erzielen ist – dann kann das aus persönlichem Interesse heraus sicherlich so gemacht werden, da man die Immobilie ja nicht zwingend heute verkaufen muss, wenn man entsprechend konservativ investiert hat. Dies ist auch dann Ok, wenn die Objekte einem allein gehören oder man sie in einem Fonds untergebracht hat, der entsprechend langfristige Laufzeiten hat. Problematischer ist der deutsche Ansatz allerdings bei Fonds, die immer wieder das Ein- und Aussteigen von Investoren erlauben, da es hier darum geht, den Investoren den jeweils aktuellen, fairen Preis für den Ausstieg auszubezahlen beziehungsweise beim Einstieg abzuverlangen, um gleichberechtigt am Portfolio zu partizipieren.
Cash.: Immobilienaktiengesellschaften haben sich im Zuge der Krise als besonders anfällig erwiesen. Korrespondiert die Immobilien-AG eher mit einem Aktien- als mit einem indirekten Immobilieninvestment?
Thomas: Hier ist die Antwort – wie so oft –sowohl, als auch. Kurzfristig betrachtet korrelieren die Immobilienaktien mit dem Aktienmarkt. Aufgrund unserer Analysen jedoch können wir feststellen, dass die langfristige Wertentwicklung eher in Richtung Immobilienmarkt zeigt. Insofern kommt es hier darauf an, welcher Betrachtungszeitraum für einen wichtig ist – kurzfristig eher Aktie, langfristig Immobilie.
Cash.: Warum hatten institutionelle und semi-institutionelle Investoren offensichtlich verstärkt auf das Vehikel offene Immobilien-Publikumsfonds gesetzt, statt auf die für sie vorgesehenen Spezialfonds oder Fonds mit höheren Mindestbeteiligungssummen? Wurden die offenen Immobilienfonds wegen der kurzfristigen Verfügbarkeit investierter Mittel tatsächlich als Liquiditätsparkplatz missbraucht?
Thomas: Es war offensichtlich der Fall, dass offene Fonds als Liquiditätsparkplatz benutzt wurden. Hier wurden schlichtweg höhere Erträge erzielt, als auf Festgeldkonten und es wurde trotzdem eine kurzfristige Verfügbarkeit versprochen. Das dies im großen Umfang bei einer an sich illiquiden Asset-Klasse wie der Immobilie nicht wirklich funktioniert, zeigte die aktuelle Krise der offenen Fonds mit den hohen, kurzfristigen Mittelabflüssen.
Cash.: Hat die Assetklasse offenen Immobilien-Publikumsfonds Ihrer Ansicht nach einen dauerhaften Schaden davongetragen? Oder wird sie als eigenkapitalstarker Player künftig sogar eine stärkere Rolle im Investmentmarkt spielen?
Thomas: Was sicherlich einer der großen Vorteile der offenen Fonds ist, ist die von Ihnen bereits erwähnte Eigenkapitalquote die ja bis zu 100 Prozent gehen kann. Insofern ist das ein sehr konservativer Finanzierungsansatz, der eigentlich dazu dienen sollte, in guten wie in schlechten Zeiten attraktive Erträge aus der Asset-Klasse Immobilie für die Anleger zu erzielen. Es gibt jedoch Eigenschaften der offenen Fonds, wo aufgrund der jüngsten Entwicklung gegebenenfalls nachgebessert werden muss. Gerade die kurzfristige Bereitstellung von Liquidität im großen Umfang ist ein Thema, das immer wieder zu Problemen führen wird wenn hier nicht entsprechende Regelungen gefunden werden.
Hintergrund:
LaSalle Investment Management (LaSalle) agiert als Investment Manager für Immobilienanlagen und betreut direktes sowie indirektes Immobilienvermögen in Höhe von rund 37,5 Milliarden US-Dollar, das in individuellen Kundenportfolios, LaSalle-Fonds sowie Immobilienaktien investiert ist. Die Kundenbasis von LIM umfasst Pensionskassen, Versicherungen, Staatsfonds, Stiftungen sowie Privatinvestoren mit institutionellem Charakter.
Interview: Thomas Eilrich
Foto: HJ Buchholz