In dynamischen Mietmärkten – zu denen Berlin gehört – ist der Multiplikator also nicht in jedem Fall ein geeigneter Indikator, um zu beurteilen, wie günstig oder teuer eine Immobilie ist. Hinzu kommt, dass auch mögliche Aufwertungen der Lagequalität im Preis berücksichtigt werden müssen. Wieder ein Beispiel aus der Hauptstadt: Manche ehemals schwierigen Lagen – etwa in Kreuzberg oder Neukölln – haben in den letzten Jahren eine erhebliche Aufwertung erfahren. Ein Resultat davon sind steigende Miet- und Kaufpreise für Immobilien. Wer diesen Trend sehr frühzeitig erkannte, konnte manches „Schnäppchen“ machen. Eine Immobilie mit einem vergleichsweise „hohen“ Multiplikator muss also keineswegs „teuer“ sein, wenn erkennbar ist, dass sich die Lagequalität durch bestimmte soziodemographische Prozesse deutlich verbessern wird.
Natürlich gelten all diese Überlegungen auch in die entgegengesetzte Richtung: Wer eine Immobilie zu einem vermeintlich „günstigen“ Multiplikator erwirbt, bei der die Mieten jedoch künftig eher fallen als steigen dürften, kauft in Wahrheit vielleicht viel zu teuer ein. Der Multiplikator ist deshalb immer im Zusammenhang mit zu erwartenden mittel- und langfristigen Veränderungsprozessen bei Lage und Miethöhe zu betrachten.
Immobilien-Profis kann manch günstiger Kauf zu einem vermeintlich“teuren“ Faktor gelingen, wenn gezielt nach Immobilien mit Mietsteigerungspotenzial gesucht wird. Solche Immobilien werden häufig von „Laien“, so etwa von Erbengemeinschaften, vergleichsweise „günstig“ abgegeben, während professionelle Immobilien-Bestandshalter eine Immobilie in der Regel erst dann verkaufen werden, wenn bestehende Mietsteigerungspotenziale bereits ausgereizt wurden.
Der Autor ist Vizepräsident des Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen.
Foto: IVD