OIF-Krise: „Positives Fazit in fünf Jahren“

Cash.: Müssen die in der Abwicklung befindlichen offenen Fonds ihr Tafelsilber letztendlich unter Wert verkaufen? Inwieweit sind die Fristen, in denen ein Verkauf stattfinden muss ausreichend und wie reagieren potenzielle Käufer auf den Druck der Verkäufer? Welche Rolle spielen Gutachter und BaFin in diesem Zusammenhang?

Archner: Verkaufen unter Druck ist für den Verkäufer stets unangenehm. Natürlich sind die entsprechenden Fonds im Markt in gewisser Weise „angezählt“, andererseits haben sich viele Opportunisten in der Hoffnung auf Schnäppchen verspekuliert. An dieser Stelle muss man auch einmal eine Lanze für die Finanzaufsicht brechen. Die Erstreckung der Liquidationsfrist um im Schnitt 2,5 Jahre auf fast fünf Jahre seit Rücknahmeaussetzung hilft in der Praxis erheblich, Liquidationsverluste zu vermeiden. Diese Aufsichtspraxis war so noch Anfang 2009 nicht ohne weiteres absehbar. Die Finanzaufsicht hat sich hier im Interesse aller Beteiligten sehr weitsichtig gezeigt und Schlimmeres verhindert. Das Gleiche gilt für das „aktive Abwarten“ der betroffenen Fondsgesellschaften auf die bereits Mitte 2009 einsetzende Markterholung. Es ist eben ein großer Unterschied, ob ein oder zwei Fonds eingefroren sind wie 2005/2006 und Liquidität durch Verkäufe beschaffen müssen oder 13 mit einem Volumen von über 25 Milliarden Euro. Die bislang getätigten Verkäufe aller eingefrorenen Fonds sind mit einem Volumen von insgesamt deutlich über drei Milliarden Euro durchaus beachtlich. Schließlich bindet jeder Verkauf in dieser Situation mehr personelle Ressourcen als ohnehin üblich. Angesichts des Niedrigzinsumfeldes und der Möglichkeit, im Notfall Anteile über die Börse verkaufen zu können, dürften die betroffenen Fondsgesellschaften im Interesse der Anleger gut beraten sein, vor allen Dingen Liquidationsverluste zu vermeiden. Natürlich spielen auch die unabhängigen Sachverständigenausschüsse in dem Liquidationsprozess eine nicht zu unterschätzende Rolle, da die Kapitalanlagegesellschaften sehr genau von allen Seiten beobachtet werden und deshalb verständlicher Weise nur ungern unterhalb des aktuellen Verkehrswertes verkaufen möchten, selbst wenn sie dies rechtlich dürfen. Vergnügungssteuerpflichtig ist die Tätigkeit für die betroffenen Sachverständigenausschüsse deshalb sicherlich nicht. Der Bewertungsaufwand und das persönliche Haftungsrisiko sind ungleich größer als in Schönwetterphasen, die Honorare aber die gleichen und die sind im Liquidationsfall auch noch mit einem „Verfallsdatum“ versehen. Es sind aber alles Profis zugange, so dass ich mir sicher bin, dass auch die aktuell sieben Liquidationsfälle im Interesse der Anleger sehr sauber von allen Seiten abgearbeitet werden. Das schließt natürlich auch die Bankenaufsicht, die Wirtschaftsprüfer und die Depotbanken mit ein. Das aufsichtsrechtliche Korsett ist für alle Beteiligten sehr eng gestrickt, so dass für irgendwelche Mauscheleien keinerlei Platz ist. Wann sollte sich gesetzlicher Anlegerschutz besser bewähren als in dieser Krise?  Das deutsche Investmentgesetz kann zwar markt- und objektbedingte Abwertungen nicht verhindern, aber es ist ein sehr scharfes Schwert, wenn es um Fragen des Bewertungs- und Liquidationsprozesses geht..

Cash.: Finden etwaige neue Anbieter nach erfolgter Marktkonsolidierung und in Kraft getretener Regulierung attraktive Rahmenbedingungen vor?

Archner: Ja, das glaube ich schon. Der neue gesetzliche Rahmen wurde in einer durchaus ja manchmal sympathischen deutschen Manier etwas zerredet. Dieses Zerreden bewirkt aber doch in aller Regel, dass die Marktteilnehmer den Problemen auf den Grund gehen, um möglichst gute deutsche „Ingenieur“-Lösungen für ein Problem zu finden. Warum sollte dies nicht auch beim offenen Immobilienfonds funktionieren? Ich sehe jedenfalls in den großen und auch in den weniger großen Häusern zahlreiche schlaue Köpfe an Problemlösungen arbeiten. Genau aus diesem Grund ist mir für die Zukunft dieses Produkts mit der in heutiger Zeit so raren Kapitalmarktferne überhaupt nicht bange. Wir werden neue Produkte und neue Marktteilnehmer auch von außerhalb des Bankenbereichs mit innovativen Konzepten und Vertriebswegen sehen. Vielleicht nicht morgen oder übermorgen, aber spätestens wenn sich der Rauch der Krise verzogen hat. Das Produkt wird gestärkt aus ihr hervorgehen, weil es ein genuines Anlegerbedürfnis für das Produkt gibt, das durch andere Produkte nicht befriedigt werden kann.

Interview: Thomas Eilrich

Foto: BIIS

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