Auf der Suche nach Märkten, wo sich der Immobilienbesitz hierzulande noch rechnet, richtet sich der Blick auch gen Osten. In den neuen Bundesländern finden sich keinesfalls nur die viel beschworenen strukturschwachen Landstriche, sondern viele Standorte mit hohem Potenzial. Die Kiefer-Kolumne
Wer in Deutschland an ein lukratives Immobilieninvestment denkt, dem fallen im Regelfall nicht sofort die neuen Bundesländer ein. Nach dem durch Steuergeschenke geförderten Boom der 90er Jahre haben viele Käufer dort schlechte Erfahrungen gemacht, nicht selten sogar Geld verloren. Auch die generell schwache Wirtschaftsentwicklung und die zunehmende Überalterung der Bevölkerung in weiten Teilen Ostdeutschlands lassen für die Zukunft des Immobilienmarktes hier nicht unbedingt Gutes hoffen.
Geht also der aktuelle Immobilienboom komplett an den neuen Bundesländern vorbei? Mitnichten! Langsam, aber sicher bilden sich stabile und vielversprechende Standorte heraus, die bei vielen Experten bereits heute als Geheimtipp gelten.
Die sächsische Elbmetropole Dresden beispielsweise hat in den letzten Jahren im Preisniveau ordentlich zugelegt. Während die Durchschnittsmieten seit 2007 um 20 Prozent gestiegen sind, kletterten auch die Preise für bestehende Eigentumswohnungen deutlich um 22 Prozent.
Besonders überraschend und noch weitgehend unbekannt ist eine weitere Perle des Ostens – Jena. Die Hochschulstadt beweist einmal mehr, dass Bildung und die damit in Verbindung stehende innovative Wirtschaft sowie eine dynamische Bevölkerungsstruktur sich positiv auf dem Immobilienmarkt auswirken. So werden in der kreisfreien Großstadt in Thüringen mit durchschnittlich 8 EUR Miete und Kaufpreisen von 1.900 EUR je Quadratmeter für gebrauchte Eigentumswohnungen Werte erzielt, die denen in Dresden und Berlin um nichts nachstehen. Die Tendenz ist weiter steigend.
Ein weiterer Geheimtipp ist Potsdam. Die Stadt im Südwesten von Berlin entwickelt sich rasant zum Nobelvorort der Hauptstadt. Die landschaftlich attraktive Lage und die kleinstädtische Struktur in Verbindung mit einer guten Verkehrsanbindung machen den Standort so interessant. Bei Mietpreisen von etwa 7,50 EUR liegen die Kaufpreise für bestehende Eigentumswohnungen mit 1.800 bis 1.900 EUR noch im bezahlbaren Bereich. Und: In der Vergangenheit sind die Mieten deutlich stärker gestiegen als die Kaufpreise, was für die Zukunft auf weitere Wertsteigerungen hoffen lässt.
Auch Erfurt ist als Highlight zu nennen. Die Stadt im Westen Thüringens hat speziell in jüngster Vergangenheit in puncto Immobilieninvestment eine sehr erfreuliche Entwicklung erlebt. Die stabile Bevölkerungsentwicklung und positive Zahlen bei der regionalen Wirtschaftsentwicklung treiben die Preise nach oben. So sind in den vergangenen fünf Jahren die Miet- und Kaufpreise um 20 Prozent gestiegen – und der Ausblick ist weiter positiv. Erfurt ist ein gutes Beispiel für einen deutlich spürbaren Trend in den neuen Bundesländern: Die Menschen wollen nicht mehr weg aus der Heimat oder kommen nach einem Umzug sogar wieder hierher zurück. Voraussetzung dafür ist natürlich ein attraktiver Arbeitsplatz in der Region.
Zu guter Letzt ist noch die positive Entwicklung an der Ostsee zu erwähnen. Fakt ist: Die Seelagen stehen denen an der Nordsee um nichts mehr nach. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sind beispielsweise in Binz oder Heringsdorf mit 3.000 bis 5.000 EUR bereits an dem Niveau der an der Nordsee angelangt. Dies beschränkt sich jedoch weitgehend auf die Spitzenlagen mit Seenähe, idealerweise mit Meerblick. Schon wenige Kilometer landeinwärts fallen Nachfrage und Preis rasant ab.
Leider sieht es nicht überall so rosig aus. Leipzig blieb in der Vergangenheit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Zwar sind auch dort die Mieten seit 2007 um 9 Prozent gestiegen, die Kaufpreissteigerung schafft jedoch kaum den Inflationsausgleich. Auch Chemnitz kämpft mit stagnierenden, in vielen Teilen sogar rückläufigen Immobilienpreisen und Wertverlust. Die Prognose für die Zukunft ist ähnlich düster. Standorte, die der Immobilienboom jetzt noch nicht erfasst hat, werden sehr wahrscheinlich auch in Zukunft nicht mehr von der erhöhten Nachfrage profitieren können.
Wie man an den genannten Beispielen deutlich sieht, ist die richtige Lage von extremer Bedeutung. Selbst die „Perlen des Ostens“ verfügen, anders als München oder Hamburg, nicht über einen ausgeprägten Speckgürtel. Die Immobilienpreise fallen bereits wenige Kilometer außerhalb der Stadt teilweise dramatisch. Selbst innerhalb des Stadtgebiets gibt es deutlich größere Preisunterschiede als in den Metropolen der alten Bundesländer. Die richtige Standortwahl ist also ausschlaggebend für den zukünftigen Erfolg des Immobilieninvestments.
Mein Fazit: Es gibt sie durchaus, die blühenden Landschaften im Osten. Ausgesuchte Standorte bieten interessantes Wertsteigerungspotential und im Regelfall neben einer deutlich höheren Rendite auch noch ein besseres Angebot als die überkauften Standorte in den alten Bundesländer. Das Motto kann also durchaus lauten: Go East!
Autor Michael Kiefer ist Leiter Immobilienbewertung bei ImmobilienScout24. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung und Mitglied der Royal Institution of Chartered Surveyors (Rics).