Gibt man im Sommer 2013 in diverse Suchmaschinen das Wort Immobilienblase ein, erhält man rund 460.000 Einträge. Gibt es sie oder nicht? Ein Blick auf die Fakten hilft.
Die Beyerle-Kolumne
Gibt man im Sommer 2013 in diverse Suchmaschinen das Wort „Immobilienblase“ ein, erhält man rund 460.000 Einträge. Verglichen mit dem Vorjahr 2012 eine Steigerung um rund 35 Prozent. Illustre Angebote macht der Computer – fast eine kleine Reise durch die Welt. Im Warenkorb liegen „Immobilienblase Deutschland, Niederlande, Schweiz, Berlin, Hamburg, München und China“. Und die deutliche Mehrzahl der Artikel und Beiträge sind als Frage formuliert: „Gibt es eine….?“ Wie es scheint, drückt sich bei den Fragenden ein latent ungutes Gefühl aus.
Doch fast genau so interessant ist die hohe Anzahl derjenigen Antwortenden welche eine Immobilienblase „für Deutschland“ vehement verneint. Welcher Schwarm hat nun recht? Der, der es negiert, oder der, der es kommen sieht? Was ist denn eigentlich eine Blase?
Immobilienblase: Abkopplung vom realen Wachstum
Eine sogenannte Spekulationsblase bezeichnet einen überkauften Markt – in erster Linie im Börsen-, Rohstoff- oder aber auch im Immobilienbereich –, der sich von der realen Wirtschaftsentwicklung völlig abkoppelt. Eine spekulative Blase am Immobilienmarkt entsteht erst dann, wenn die Expansion an den Märkten sich vom bisherigen mit realem Wachstum unterlegten Markt entfernt. Ist dies der Fall, spricht man von einer Immobilienblase.
Und gibt es diese aktuell in Deutschland? Ja, aber sicher, eine fundamentale in einigen wenigen Stadtvierteln – nein, denn noch sind keine spekulativen Überhitzungen sichtbar. Weitere Argumente:
Viele Spekulanten: Ähnlich wie vor dem Börsencrash im Jahr 2000 tummeln sich auf den deutschen Immobilienmärkten Spekulanten. Sie hoffen darauf, dass die Preise weiter steigen und sie auf Pump gekaufte Häuser und Wohnungen mit kräftigem Gewinn verkaufen können.
Falsch: Heute ist die Sicherheitsdoktrin und nicht die Wertsteigerungsdoktrin die maßgebliche Komponente.
Niedrige Zinsen: Diese Entwicklung begünstigt hat das historisch niedrige Zinsniveau. Hauskäufer können sich höhere Kreditsummen leisten, da die Raten für Hypotheken vergleichsweise klein geworden sind.
Falsch: Die traditionelle Eigenkapital-Unterlegung hat – trotz billigem Baugeld – bisher sogar zugenommen. Banken haben heute eine veränderte Risikosicht.
Hohe Liquidität: Aus Angst vor einem Währungscrash haben auch viele Vermögende ihr Geld in Immobilien angelegt. Häuser erscheinen ihnen im Wert sicherer als Wertpapiere.
Korrekt: Diese Gemengelage herrscht augenblicklich vor.
Preisblase: Der Wert aller Wohnimmobilien in Deutschland legte in den vergangenen fünf Jahren um schätzungsweise 0,5 Prozent zu – zum Teil sehr stark in einigen Innenstadtlagen, aber dem stehen negative Entwicklungen im ländlichen Raum beziehungsweise außerhalb der Ballungszentren gegenüber.
Falsch: Keine generelle Preisblase, aber neue Höchstwerte in wenigen trendigen Stadtteillagen der großen Städte.
Diese kurze Einschätzung mag einen ersten Eindruck geben, wie die Argumente gegenwärtig sind. Eine sogenannte Blase ist erst dann eine, wenn diese platzt. Doch solange die Motivlage, welche die aktuelle Nachfrage nach Wohnraum in den Metropolen speist, primär eine defensive ist – Tausch von Geldvermögen in Backsteine mangels Alternativanlage – solange ist die Diskussion von „Immobilienblasen“ oder „zu überteuerten Preisen“ eine mehr akademisch geprägte aus den Zeiten veralteter volkswirtschaftlicher Lehrbücher. Der Begriff der Renditeorientierung hat aktuell durch die Nachfrager eine Veränderung in Richtung Sicherheit erfahren.
Der Autor Dr. Thomas Beyerle leitet den Bereich “Corporate Responsibility & Research” im Managementteam der IVG Immobilien AG, Bonn.
Foto: Christian Daitche