Sozialwohnungen: „Mittelschicht bleibt unbeachtet“

Bezahlbarer Wohnraum wird größtenteils über steigende Kauf- und Mietpreise der anderen Wohnungen finanziert. Das ergab eine Online-Umfrage von Rueckerconsult unter Bauträgern zum Thema Baulandentwicklungsmodelle.

Der Wohnungsbau geht in vielen Großstädten nur schleppend voran.
Die höheren Investitionskosten des sozialen Wohnungsbaus werden oft quersubventioniert, das belastet die Mittelschicht.

Immer mehr Städte in Deutschland verpflichten Projektentwickler und Bauträger im Rahmen von unterschiedlichen Baulandentwicklungsmodellen durch vorgeschriebene Quoten zum Bau von Sozialwohnungen. Dadurch versuchen sie, dem Mangel an preisgünstigen Wohnungen entgegenzuwirken, der sich vor allem in den großen Metropolen immer stärker bemerkbar macht.

Bezahlbarer Wohnraum wird Quersubventioniert

In der Praxis führen die verschiedenen Baulandentwicklungsmodelle laut Rueckerconsult dazu, dass zusätzliche Investitionskosten anfallen, die wiederum eine Erhöhung der Kaufpreise zur Folge haben. Bezahlbarer Wohnraum werde damit zum Großteil über höhere Kauf- und Mietpreise der restlichen Wohneinheiten subventioniert.

Dies ergab eine Online-Umfrage unter bundesweit aktiven Bauträgern, die sich mit den Auswirkungen von Baulandentwicklungsmodellen beschäftigte und von Rueckerconsult, einem Beratungsunternehmen der Immobilienwirtschaft, durchgeführt wurde. An der Umfrage beteiligten sich rund 90 Experten der Immobilienwirtschaft, darunter Vertreter von Projektentwicklern.

Um den nach dem jeweiligen Baulandentwicklungsmodell geforderten Anteil günstiger Wohnungen zu erreichen, gibt es verschiedene mögliche Lösungen, die auch parallel umgesetzt werden können.

Mehrere Wege zur Quote

Knapp zwei Drittel der Bauträger würden alle Wohneinheiten selbst bauen und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Quoten verkaufen oder vermieten (65 Prozent). 31 Prozent der Befragten gaben an, alle Wohneinheiten zu bauen und den sich aus der geforderten Quote ergebenden Anteil schlüsselfertig an kommunale Wohnungsunternehmen zu verkaufen.

Ebenso häufig würden die Unternehmen einen Teil des Grundstücks für den geforderten Quotenanteil an kommunale Wohnungsunternehmen verkaufen, die dann dort die betreffenden Wohnungen selbst errichten. Zwölf Prozent der Befragten gaben zudem an, sich aufgrund der bestehenden Vorgaben aus manchen Standorten zurückzuziehen.

Attraktivität der Metropolen bleibt bestehen

Carsten Sellschopf, Geschäftsführer (COO) von Formart, kommentiert: „Rückzug ist für uns keine Option. Die Attraktivität der Metropolregionen als Investitionsstandort sollte aufgrund der kommunalen Vorgaben nicht in Frage gestellt werden. Sicherlich wirkt sich die Summe der umzusetzenden Maßnahmen auf die Gesamtkalkulation eines Projektes aus, doch für die steigenden Kosten und Preise sind nicht allein die Baulandentwicklungsmodelle verantwortlich.“

Weitere Auflagen

Neben einem vorgeschriebenen Anteil an Sozialwohnungen müssen Bauträger und Projektentwickler im Rahmen von städtebaulichen Verträgen laut Rueckerconsult meist noch weitere Auflagen erfüllen. Am häufigsten handele es sich dabei um die Errichtung von Kindertagesstätten, die von 78 Prozent der Befragten genannt wurde.

Direkt danach folge mit Nennungen von jeweils 71 Prozent die Kostenübernahme für die Gestaltung öffentlicher Grünflächen und Wege beziehungsweise für Erschließungs- und Immissionsschutzanlagen. Seltener würden denkmalpflegerische Maßnahmen oder die Kostenübernahme für Grundschulplätze verlangt, die 37 und 35 Prozent der Befragten nannten.

Finanzierung der Zusatzkosten

Die durch die Baulandentwicklungsmodelle und den vorgeschriebenen Anteil an Sozialwohnungen verursachten zusätzlichen Kosten subventionieren nach Angaben von Rueckerconsult mehr als die Hälfte der Bauträger über höhere Kaufpreise und 39 Prozent über die Mietpreise der übrigen Wohneinheiten – je nach Geschäftsmodell.

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49 Prozent der Befragten nannten eine Finanzierung über Wohnbaufördermittel und 37 Prozent gaben an, geringere Gewinne in Kauf zu nehmen. Diese Antwort hätten jedoch zum Großteil kommunale Wohnungsgesellschaften sowie Wohnungsbaugenossenschaften gegeben.

Seite zwei: Belastung für die Mittelschicht

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