Immobilienblase: Investitionsrechnung legt Gefahr offen

Warum sind die Immobilienpreise in Deutschland zweistellig gestiegen, obwohl der Lebenshaltungskostenindex bei etwa einem Prozent Zuwachs pro Jahr verharrt? Ein Blick auf die Investitionsrechnung legt die Gefahren einer Blasenbildung am Immobilienmarkt offen, meint Sascha Anspichler, FP Asset Management.

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Ein Blick auf die Investitionsrechnung legt die Gefahren einer Blasenbildung am Immobilienmarkt offen.

Bevor eine junge Familie ihre Neubauwohnung bezieht, hat der Investor seine Kalkulation längst aufgemacht. In seiner Investitionsrechnung findet sich unter anderem der Zins, mit dem er zukünftige Zahlungsströme, so auch den erwarteten Mietertrag, abzinst. Dieser Zins orientiert sich unter anderem am Marktzins. Je niedriger der Zins, umso höher bewertet er seinen Investitionswert zu Beginn.

Es liegt dabei die Annahme zugrunde, dass ein Ertrag beziehungsweise ein Zahlungsstrom in ferner Zukunft einen geringeren Wert hat als ein in naher Zukunft zu erzielender Mietertrag. Das ist plausibel, weil ein heute zugeflossener Ertrag wieder reinvestiert werden kann. Der Zukunftsertrag hingegen wird unter Unsicherheit erzielt und kann nur über einen verkürzten Zeitraum reinvestiert werden.

Gewinnschwelle früher erreicht

Was aber, wenn die Zinsen nahe Null liegen – so wie heute? In diesem Falle liegen die Abzinsungswerte von Zukunftserträgen und Gegenwartserträgen weniger weit auseinander, als in einer Hochzinsphase. Die Auswirkungen liegen auf der Hand. Die Investition erreicht bei eindimensionaler Betrachtung früher die Gewinnschwelle.

Beispiel: Ein Investor erstellt ein Sechsfamilienhaus für zwei Millionen Euro. Das Objekt finanziert er aus seinem Eigenkapital. Die Veräußerung ist nach zehn Jahren vorgesehen. Dem aktuellen Marktzins von 0,1 Prozent rechnet er einen Risikoaufschlag von 1,9 Prozent hinzu, um zu seinem Kalkulationszins zu gelangen. Zukünftige Zahlungsströme zinst er also mit zwei Prozent ab.

Steigender Zins schmälert den Kaufpreis

Sein erwarteter jährlicher Nettomietertrag beträgt 86.400 Euro, macht 864.000 Euro in zehn Jahren. Er rechnet mit stabilen Immobilienpreisen und stabilen Mieterträgen. Die Abzinsung seiner gesamten Mieterträge mit einem Abzinsungssatz von zwei Prozent ergibt einen vermeintlich attraktiven Gegenwartswert in Höhe von ca. 770.000 Euro. Dies sind ca. 38,5 Prozent bezogen auf den Kaufpreis. Klingt im ersten Moment gut.

Steigt das Zinsniveau jedoch bis zum Verkauf in zehn Jahren beispielsweise um acht Prozent an, würde der Gegenwartswert des Ertrags für den Neuinvestor nur ca. 600.000 Euro betragen. Das macht in zehn Jahren nur 30 Prozent bezogen auf den Kaufpreis. Bei gleicher Renditeforderung müsste der Verkäufer den Kaufinteressenten alleine vor diesem Hintergrund mindestens 18,5 Prozent beim Kaufpreis nachlassen.

Nettoverluste drohen

Sollten Kaufinteressenten Alternativanlagen in Form festverzinslicher Papiere im Blick haben – sprich für ihre Immobilieninvestitionen den dann angenommenen Marktzins in Höhe von acht Prozent fordern, kämen Kaufgebote von nur 1,08 Millionen Euro in Betracht.

Für den Verkäufer würde dann, nach Anrechnung der abgezinsten Mieterträge in Höhe von 770.000 Euro, ein Nettoverlust von 150.000 Euro zu Buche stehen. Zu allem Übel käme hinzu, dass der gestiegene Zins für Zurückhaltung bei Kaufinteressenten sorgen könnte, die Teile der Investition finanzieren.

Sascha Anspichler ist geschäftsführender Gesellschafter der FP Asset Management in Freiburg.

Foto: Shutterstock

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