Jüngst verschärfte gesetzliche Vorgaben sorgen laut Sparkassenvertretern für einen Rückgang bei Immobilienkrediten an private Haushalte. Grund sei die EU-Richtlinie für Wohnimmobilienkredite.
Wenige Monate nach der Verschärfung der Gesetze für Immobilienkredite verzeichnen Sparkassen einen Einbruch der Darlehens-Zusagen. „Bundesweit wurden bei allen deutschen Sparkassen im ersten Halbjahr 2016 rund 8,9 Prozent weniger Wohnungsbaukredite zugesagt als im Vorjahr“, sagte Michael Breuer, Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands, der „Rheinischen Post“ (Montag).
Grund sei die EU-Richtlinie für Wohnimmobilienkredite, die im März in deutsches Recht umgesetzt wurde. Diese enge die Kreditvergabe stärker ein als in anderen europäischen Ländern, sagte Breuer der Zeitung.
Sparkassendachverband bestätigt Rückgang
Ein Sprecher des Sparkassendachverbands DSGV bestätigte den Rückgang. Indes habe die Zahl der vergebenen Kredite an Privatpersonen in absoluter Betrachtung zuletzt auf einem historischen Hoch gelegen.
Das Bundesjustizministerium teilte mit, da die EU-Richtlinie erst im März umgesetzt worden sei, müsse es weitere Ursachen für den Rückgang im ersten Halbjahr geben. Der Behörde lägen verschiedene Rückmeldungen zu dem Gesetz vor. „Auch dürfte die Entwicklung von Standards am Markt noch nicht abgeschlossen sein.“
Genauere Prüfung der Kreditwürdigkeit
Die EU-Vorgabe verpflichtet Banken, die Kreditwürdigkeit von Kunden genauer zu prüfen. Das soll Verbraucher vor wackligen Finanzierungen schützen. So dürfen Banken nur Kredite an Kunden gewähren, deren laufende Einnahmen reichen, um zu Lebzeiten das Darlehen zurückzahlen zu können.
Auch dürfen Banken nicht mehr hauptsächlich darauf zielen, dass die Immobilie selbst eine Sicherheit ist und an Wert gewinnen kann. Das Bundesjustizministerium berät an diesem Dienstag (6.9.) mit Banken und Verbraucherschützern über das Gesetz.
Umsetzung zu streng
Die Sparkassen klagen, die Bundesregierung habe die EU-Richtlinie strenger umgesetzt als nötig. Es fehle ein Satz aus der Vorgabe, wonach die strengeren Regeln nicht bei Kreditverträgen gelten sollen, die zum Bau oder zur Renovierung von Wohnimmobilien dienen. Österreich habe diesen übernommen. „Es darf keine Benachteiligung gegenüber Nachbarn geben“, fordert der DSGV.
Auch der Verband der Genossenschaftsbanken BVR übt Kritik. Er moniert, Banken dürften manche wirtschaftlich vertretbaren Kreditwünsche nicht mehr bedienen. So müssten sie Darlehen für ältere Menschen zum altersgerechten Umbau von Wohnungen ablehnen, wenn die verbleibende Lebenszeit voraussichtlich nicht mehr zur Tilgung reiche, auch wenn mit der Immobilie eine Sicherheit vorliege.
Der BVR fordert daher, dass „der deutsche Gesetzgeber die in der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie möglichen Ausnahmen auch anwendet.“
Verbraucherschützer zeigen sich besorgt
Das Bundesjustizministerium erwiderte, Banken dürften Wertsteigerungen von Immobilien weiter berücksichtigen. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit dürfe nur nicht hauptsächlich darauf basieren. „Im Ergebnis besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen der Richtlinienbestimmung und der deutschen Umsetzung.“
Regionale Sparkassenverbände hatten der Deutschen Presse-Agentur bereits im Juli von einem Einbruch der Immobilien-Darlehenszusagen zwischen zehn und zwanzig Prozent berichtet. Auch Volksbanken sprachen von Gegenwind.
Verbraucherschützer hatten sich darüber besorgt gezeigt. „Es ist eine Verunsicherung bei manchen Anbietern von Immobilienkrediten zu spüren“, sagt Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Von einem dramatischen Rückgang bei der Vergabe der Darlehen könne aber keine Rede sein. Betroffene sollten sich bei den Verbraucherzentralen melden.
Bundesbank meldet keinen Einbruch
Auch aus Zahlen der Bundesbank lässt sich noch kein Einbruch herauslesen: Von April bis Juni vergaben Banken demnach 3,8 Prozent mehr Wohnungsbaukredite an Private als im Vorjahreszeitraum.
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