„Wer fürs Alter vorsorgt, wird bestraft“

Die junge Generation wird fortwährend dazu aufgefordert, für das Alter vorzusorgen. Wer dies jedoch in Form eines Immobilienkaufes tun möchte, dem werden zahlreiche Steine in den Weg gelegt. Gastbeitrag von Jacopo Mingazzini, Accentro Real Estate AG

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Jacopo Mingazzini, Accentro Real Estate: „Ein beliebtes und bei vielen Menschen hoch angesehenes Vorsorgeinstrument ist die Immobilie.“

Junge Menschen können sich beim Thema Rente vor Ratschlägen aus Politik und Medien kaum retten. „Kümmert euch um eure Altersvorsorge!“, schallt es ihnen aus allen Richtungen entgegen.

Und es ist ja nachvollziehbar, denn wer heutzutage mit Mitte/Ende 20 ins Berufsleben einsteigt, kann sich auf die gesetzliche Rente nicht verlassen, sondern muss zusätzlich vorsorgen. Entsprechend sollten Staat und Politik sinnvolle Anreize schaffen, um junge Arbeitnehmer zur Vorsorge zu ermuntern. Eigentlich. In der Realität sieht das ganz anders aus.

Eigene Immobilie ist geeignete Altersvorsorge

Ein beliebtes und bei vielen Menschen hoch angesehenes Vorsorgeinstrument ist die Immobilie, insbesondere zu Niedrigzinszeiten.

Nehmen wir einmal an, ein junger Berliner, um die 30, hat ein paar Jahre in seinem Beruf gearbeitet und dabei eine kleine Summe Geld angespart, mit dem Ziel, sich eine Eigentumswohnung zu kaufen. Er denkt dabei an seine eigene Zukunft, an seine Altersvorsorge. Außerdem möchte er eine Familie gründen, er möchte seine Kinder in den eigenen vier Wänden aufwachsen sehen und ihnen irgendwann auch mal etwas vererben.

Er nimmt deshalb einen Immobilienkredit auf und kauft sich eine Wohnung. Statt jeden Monat Miete zu zahlen, steckt er das Geld lieber in Zinsen und Tilgung – und damit in sein eigenes Vermögen. Das ist ein vernünftiger, ein familienfreundlicher Weg, der gefördert werden müsste. Sollte man meinen.

Hohe Hürden auf dem Weg zum Immobilienkauf

Die Unterstützung, die der Staat für den jungen Arbeitnehmer aufbringt, ist allerdings gleich null. Stattdessen legt der Staat ihm sogar zusätzliche Steine in den Weg.

Es ist so schon schwierig genug, das nötige Geld für den Wohnungskauf anzusparen. Man kann eine Wohnung kaum komplett finanzieren, mindestens 20 Prozent Eigenkapital sollte man schon aufbringen, was bei der aktuellen Berliner Preisentwicklung für die meisten jungen Menschen eine Herkulesaufgabe ist.

Gelingt es aber, spart man die 20 Prozent Eigenkapital an, reicht das immer noch nicht aus – denn der Staat verlangt auch noch seinen Anteil. Sechs Prozent beträgt die Grunderwerbsteuer in Berlin, bei einem Wohnungspreis von 200.000 Euro sind das 12.000 Euro, die der junge Arbeitnehmer zusätzlich aufbringen muss.

Wie Sisyphos, der seinen Felsbrocken unaufhörlich den Berg hinaufrollt, sieht er beim Ansparen des Eigenkapitals einfach kein Licht am Ende des Tunnels.

Vermieten wird unrentabler

Noch schwieriger macht es der Staat dem jungen Berliner, wenn dieser eine Wohnung nicht als Selbstnutzer kaufen will, sondern zur Kapitalanlage. Das kann ja durchaus sinnvoll sein: Die monatliche Miete, die er dadurch kassiert, fließt in Zins und Tilgung – nach 20 bis 30 Jahren steht er gut abgesichert mit einer abgezahlten Eigentumswohnung da.

Je nach Mieter ist das allerdings sowieso schon stressig und arbeitsintensiv, hinzu kommt das Risiko des Mietausfalls. Und als würde das nicht reichen, wird es dem Vermieter in Deutschland noch einmal ein ganzes Stück schwieriger gemacht.

Mietpreisbremse, Kappungsgrenze, Milieuschutzgebiet – die fortdauernden Regulierungen machen das Vermieten immer unrentabler. Die Wohnungspolitik tut eigentlich alles, um dem jungen Berliner zu signalisieren: Werde bloß kein Vermieter.

Politik sollte Prioritäten überprüfen

Ganz anders ergeht es einem jungen Arbeitnehmer, der den umgekehrten Weg wählt. Er denkt gar nicht daran, sich eine Eigentumswohnung zu kaufen, und spart deshalb auch kaum Geld an. Er bleibt dauerhaft Mieter und zahlt sein Geld jeden Monat an seinen Vermieter, statt es ins eigene Vermögen zu stecken.

Im Alter steht er daher mit wenig oder keinem Vermögen da, seinen Kindern vererben kann er natürlich nichts. Einen empfehlenswerten Weg scheint dieser junge Mensch nicht gewählt zu haben. Das Schlimme aber ist: Die deutsche Wohnungspolitik mit ihren vielen mieterfreundlichen Gesetzesinitiativen stärkt ihm auf diesem Weg trotzdem den Rücken.

Gefördert wird in Deutschland, wer sich keine Gedanken über die Zukunft macht. Wer vorsorgt, wird bestraft. Bund und Länder sollten einmal überprüfen, ob in der deutschen Wohnungspolitik die Prioritäten richtig gesetzt sind.

Jacopo Mingazzini ist Vorstand der Accentro Real Estate AG.

Foto: Accentro Real Estate AG

 

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