Die Notenbank der USA hat die ersten Zinsschritte bereits hinter sich, doch die Europäische Zentralbank (EZB) wird nicht nachziehen. Wenn es zu Verwerfungen am Immobilienmarkt kommt, wird auch die Fed ihre Politik wieder lockern.
„In den USA kommt es nur zu einem Abwenden von einer ultralockeren hin zu einer lockeren Geldpolitik. Es wird noch den ein oder anderen Zinsschritt geben, jedoch sprechen wir hier nicht von einer Zinswende, denn eine echte Zinswende würde klassischerweise bedeuten, dass die Notenbank die Wirtschaft einbremsen muss, um die Inflation einzudämmen“, sagt Kurt Neuwirth, Geschäftsführer des Immobilienfinanzierers Neuwirth Finance.
„Dieses Szenario gibt es aktuell nicht, da die Wirtschaft in Amerika von einer Dynamisierung weit entfernt ist“, ergänzt Neuwirth. Seiner Ansicht ist es für Investoren und Finanzierer unabdingbar, den Zusammenhang zwischen den Zinsschritten der amerikanischen Notenbank Fed und der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu verstehen.
Fed- und EZB-Politik entkoppelt
Obwohl die Zinsentwicklung in Amerika bisher als Modell für Vorhersagen für die Eurozone galten, werde die EZB die ultralockere Geldpolitik in der kurzen Frist beibehalten. Auch die Fed-Politik lässt sich nach Ansicht von Neuwirth nicht als straff bezeichnen.
„Die aktuelle Maßnahme der Fed ist lediglich eine Bilanznormalisierung. De Facto verringert sie ihr Portfolio, indem sie Schritt für Schritt auslaufende Anleihen im Verhältnis 60/40 (60 Prozent Staatsanleihen, 40 Prozent Hypothekenanleihen) nicht erneuert, um so wieder auf einen alten Stand zu gelangen“, sagt Neuwirth.
Keine Straffung der Finanzierungsbedingungen in Europa
Komme es zu Verwerfungen am Aktien-, Immobilien- oder Anleihemarkt, werde die Fed diese Maßnahmen sofort wieder einstellen. Sollte sich die Wirtschaft der USA in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder schwächen, werde die Fed ein neues Quantitative Easing-Programm starten.
„In Europa sind wir noch weit davon entfernt, dass die EZB gleiche Schritte vollzieht. Im Gegensatz zu Deutschland oder den Niederlanden vertragen Länder wie Italien oder Griechenland keine Straffung der Finanzierungsbedingungen“, so Neuwirth. In der Vergangenheit habe der US-Wirtschaftszyklus einen Vorlauf von ein bis zwei Jahren gehabt, der sich jedoch durch die Probleme der Eurozone auf drei bis fünf Jahre verlängern dürfte. (kl)
Foto: Shutterstock