Das Oberverwaltungsgericht Berlin bezweifelt, dass das Zweckentfremdungsverbot zum Schutz von Wohnraum mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Mehrere Eigentümer von Ferienwohnungen hatten vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen das Gesetz geklagt.
In Berlin gilt seit dem 1. Mai 2014 ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Seither darf Wohnraum nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes zu anderen als Wohnzwecken genutzt werden. Das Verbot wird mit einer besonderen Gefährdung der Wohnraumversorgung begründet. Als Zweckentfremdung gilt die Nutzung als Ferienwohnung oder die Nutzung für gewerbliche oder berufliche sonstige Zwecke.
Zweckentfremdungsverbot wirkt rückwirkend
Das Berliner Gesetz gilt nicht nur für vorhandenen Wohnraum. Zum Begriff des Wohnraums zählen auch Räume, die zur Wohnnutzung zwar geeignet sind, vor dem 1. Mai 2014 aber bereits genehmigungsfrei anders genutzt wurden. Damit sind sie in das Zweckentfremdungsverbot einbezogen (Rückwirkung).
Die Kläger und Klägerinnen mehrerer Berufungsverfahren sind nach Angaben des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Eigentümer und Mieter von solchen Räumen, die bereits vor Inkrafttreten des Verbots als Ferienwohnungen genutzt wurden und auch weiterhin als solche genutzt werden sollten.
Daher verlangen Eigentümer und Mieter Negativatteste des zuständigen Bezirksamtes, die bestätigen sollen, dass sie für die Nutzung der Räume keine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung brauchen. Ihre Klagen hatten vor dem Verwaltungsgericht Berlin keinen Erfolg.
OVG bezweifelt Vereinbarkeit mit Grundgesetz
Das OVG hat am Donnerstag in 41 Berufungsverfahren die Verfahren ausgesetzt. Es habe dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Regelungen des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Dies sei fragwürdig, da die Regelungen rückwirkend wirken.
Die vom Senat von Berlin vorgelegten Zahlen würden Die Annahme bestätigen, dass die Wohnraumversorgung in Berlin gefährdet sei. Daher sei das Zweckentfremdungsverbot des OVG rechtmäßig, soweit es um den Schutz des Wohnraumbestandes gehe.
Gesetz geht über reinen Schutz von Wohnraum hinaus
Soweit das Gesetz aber eine vor dem 1. Mai 2014 begonnene Vermietung von Räumen als Ferienwohnung dem Zweckentfremdungsverbot unterstelle, gehe dies über den reinen Schutz des Wohnraumbestandes hinaus und greife unverhältnismäßig in die Grundrechte der Eigentümer und Vermieter ein.
Die besondere Gefährdung der Wohnraumversorgung rechtfertige es nicht, Eigentümer zu zwingen, gewerblich genutzte Räumlichkeiten in Wohnraum (zurück) zu verwandeln.
Die vom Gesetz eingeräumte Übergangsfrist von zwei Jahren für Ferienwohnungsvermieter und die Möglichkeit, eine Genehmigung zu beantragen, könnten die Rechtsbeeinträchtigungen nicht kompensieren. Das sind Beschlüsse des 5. Senats vom 6. April 2017 (OVG 5 B 14.16 u.a.) (kl)
Foto: Shutterstock