Erstmals seit acht Jahren sind in Deutschland in einem ersten Halbjahr weniger neue Wohnungen genehmigt worden als im Vorjahreszeitraum. Der Abbau von Hürden sei dringend notwendig, mahnt die Immobilienbranche.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gaben die Behörden im ersten Halbjahr 2017 grünes Licht für 169.500 Wohneinheiten. Das waren 7,3 Prozent weniger als in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres.
Allerdings war der Anstieg 2016 besonders stark ausgefallen. Die aktuellen Zahlen liegen immer noch über den jeweiligen Genehmigungen im ersten Halbjahr in den Vorjahren.
Der Wohnungsmangel gilt als eine der Hauptursachen steigender Immobilienpreise. Zum letzten Mal hatte es den Angaben zufolge im Jahr 2009 ein Minus (7,6 Prozent) in einem ersten Halbjahr gegeben.
Zuwachs beim Bau von Geschosswohnungen
Zwar gab es von Januar bis Juni 2017 einen Zuwachs bei Mehrfamilienhäusern um 1,8 Prozent auf 82.100 Wohnungen, wie die Wiesbadener Behörde am Donnerstag mitteilte. Die Zahlen für Ein- und Zweifamilienhäuser waren dagegen rückläufig. Das gilt auch für Wohnungen in Wohnheimen (minus 31,8 Prozent), zu denen Flüchtlingsunterkünfte zählen.
Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) wertete den Anstieg bei Mehrfamilienhäusern positiv. Zugleich betonte sie, auch in der nächsten Zeit würden jährlich mindestens 350.000 neue Wohnungen benötigt.
„Damit dies gelingt, müssen die Länder beim sozialen Wohnungsbau noch eine Schippe draufpacken“, so Hendricks. Die Kommunen müssten zudem Ressourcen ausbauen, um die Entwicklung von Bauland voranzutreiben und Projekte schneller zu genehmigen.
Immobilienbranche kritisiert Hürden
Die Immobilienwirtschaft kritisierte die aus ihrer Sicht zu langen Genehmigungsverfahren, einen Baulandmangel und Kostensteigerungen. „Die Branche ist überreguliert, die Erstellungskosten sind nicht zuletzt durch staatliches Handeln zu hoch und die aktuellen Baugenehmigungsprozesse sind zu langwierig“, sagte Andreas Matter, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA).
Hoher Bedarf beim sozialen Wohnungsbau
„Die abflauende Dynamik bei den Wohnungsbaugenehmigungen setzt das bezahlbare Wohnen in Deutschland weiter aufs Spiel“, warnte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Insbesondere beim Sozialwohnungsbau müsse der jahrelange Abwärtstrend dringend gestoppt werden. Hier klaffe eine große Lücke von 80.000 zusätzlich benötigten Einheiten pro Jahr. Fast ein Viertel der im ersten Halbjahr 2017 genehmigten Einheiten seien Eigentumswohnungen gewesen. „In den Ballungsräumen mit Wohnungsknappheit werden jedoch in erster Linie bezahlbare Mietwohnungen gebraucht“.
Nach Angaben des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) spielten auch Vorzieheffekte wegen der verschärften Energieeinsparverordnung (EnEV) eine Rolle. Viele Unternehmen hätten Ende 2015 ihre Genehmigungsanträge gestellt, um die alten EnEV-Regelungen zu nutzen. Dadurch seien die Baugenehmigungszahlen 2016 zunächst gestiegen, „obwohl der tatsächliche Baubeginn für viele Projekte noch ungewiss war“. (dpa-AFX)
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