Warum Wohnkomfort sich nicht nur über die Größe definieren lässt

Lange Zeit definierte sich Luxus beim Wohnen vor allem über die Größe des Objekts und des Grundstücks. Doch mittlerweile wollen immer mehr Menschen in einem urbanen Umfeld leben. Das lässt neue Trends und Wohnraumkonzepte entstehen. Gastbeitrag von Björn Dahler, Dahler & Company

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Björn Dahler, Dahler & Company: „Urbanes Wohnen statt Landhaus, lautet die Devise.“

Ein Landhaus mit viel Platz und großem Grundstück oder zumindest das Einfamilienhaus mit Garten – das galt über Jahrzehnte als Traum für Familien, die nach Wohneigentum strebten. Die grünen Vororte lagen im Trend, die Objekte mit viel Freifläche für die ganze Familie.

Die Definition von Luxus definierte sich vor allem über die Größe des Objekts und des Grundstücks. Aber auch die Wohnungen generell, im Eigentum ebenso wie gemietet, wurden immer größer. Statistisch lässt sich das an der Zunahme der durchschnittlichen Wohnfläche pro Person ablesen.

Im Jahr 1960 waren es in Deutschland pro Kopf 20 Quadratmeter, inzwischen bewohnt jeder Bundesbürger durchschnittlich 49 Quadratmeter. Einer der Spitzenwerte in Europa. In Italien beispielsweise begnügt man sich mit 31 Quadratmetern.

Der Flächenverbrauch beruht allerdings nicht nur auf dem Streben nach mehr Wohnluxus, sondern er ist auch eine Folge der zunehmenden Zahl der Einpersonenhaushalte.

Wunsch nach viel Wohnraum oft nicht umsetzbar

100 Quadratmeter und mehr, eine moderne Einbauküche, Gäste-WC – das sind laut der Wohntraumstudie 2016 der Interhyp die aktuell unerlässlichen Details des Wunsch-Wohnraums in Deutschland. Doch es gilt abzuwägen, denn der Wunsch nach mehr Wohnraum ist in dicht besiedelten Regionen kaum noch umsetzbar. Der Bedarf steigt, doch die Flächenverfügbarkeit sinkt.

Zudem steht dem Bedürfniss nach mehr Wohnraum die urbane Vielfalt der Möglichkeiten gegenüber: Einerseits entwickeln die Städte mit ihrem Angebot an Kultur, Shopping und Gastronomie eine neue Anziehungskraft.

Darüber hinaus scheuen viele Menschen, die bislang die grüne Umgebung als Luxus betrachteten, derweil auch aufgrund des wachsenden Verkehrsaufkommens die zeitaufwendigen Wege zum Arbeitsplatz und sehen sich nach einer Adresse in der Stadt um: Urbanes Wohnen statt Landhaus, lautet die Devise.

Urbanes Wohnen hat für viele Priorität

Stadthäuser und Eigentumswohnungen in zentralen Stadtteilen sind zunehmend gefragt. Ablesbar ist die Entwicklung am aktuellen Geschehen auf dem Immobilienmarkt. Die Zahl der Verkäufe von Eigentumswohnungen steigt in den Metropolregionen. Und dabei punktet besonders auch der Umsatz mit Premiumimmobilien.

2016 wurden 3.141 Wohnungen ab einem Kaufpreis von 750.000 Euro in den Top-7-Metropolen veräußert. Ein Anstieg um 25,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Spitzenreiter war München mit insgesamt 1.300 Kauffällen. Die weiterhin niedrigen Hypothekenzinsen unterstützen diesen Trend. Aber auch die steigenden Mieten in den Ballungszentren unterstützen den Wunsch nach Wohneigentum.

Derweil zieht es nicht nur junge Menschen zurück in die Stadt, die ihnen Unterhaltung, Freizeitangebote und Kontakte bietet, sondern auch die sogenannten Bestager, die Elterngeneration, deren Kinder flügge, die selbst aber noch fit und interessiert genug sind, um ihre Freizeit aktiv gestalten zu wollen.

Sie tauschen das Landhaus gegen die Premiumimmobilie in urbaner Lage, sie benötigen weniger Platz und sie möchten sich häufig nicht länger um Haus und Garten kümmern, sondern sehnen sich nach der Wohnung, die sie hinter sich abschließen können.

Weniger Fläche gleich weniger Luxus?

An die Stelle des Luxus einer großen Wohnfläche tritt der Vorteil der urbanen Lage. Doch diese Lagen sind begrenzt. Dabei bedeutet weniger Fläche nicht automatisch auch weniger Luxus. Das Wohngefühl hängt wesentlich von der Raumaufteilung sowie der Ausstattung ab. Und vom Geschick der Architekten, die Räume effizient auszunutzen.

Platzmangel und Preissprünge forcieren auf dem Markt weitere Entwicklungen: Nach Jahrzehnten gelten erstmals wieder Appartements in Hochhäusern als nicht nur akzeptable, sondern sogar als attraktive Möglichkeit des Wohnens, weil sie die unterschiedlichsten Nutzungen unter einem Dach bieten können und die Bewohner im Idealfall das Haus in der Freizeit gar nicht verlassen müssen.

Gleichzeitig ist die vertikale Schaffung neuen Wohnraums auch eine Lösung für die zunehmende Knappheit an geeigneten Grundstücken für den Wohnungsbau in zentralen Lagen.

Trend zum Mikro-Wohnen

Hinzu kommt das Konzept des Mikro-Livings, des Wohnens in kleinen, kompakten Appartements, im Idealfall mit der Möglichkeit auf Service oder gar Hotelkomfort. Die Zielgruppen der Mikroappartements reichen vom Berufspendler, über den Studenten bis hin zu Senioren.

Diese erhalten eine zentrale Adresse mit einer möglichst optimalen Infrastruktur, mit allen Shopping-Fazilitäten und Kultur vor der Haustür, womöglich dem Fitness-Studio, dem Swimmingpool und weiteren Gemeinschaftsflächen wie einer Bibliothek, Lounge oder Großen Küche unter einem Dach, mit dem Concierge, der die Lieferung annimmt.

Mehr Lebensqualität trotz weniger Fläche, lautet die Gleichung. Wachsende Bevölkerungszahlen in den Metropolen bei steigenden Ansprüchen an den Wohnraum.

Die Herausforderung für Projektentwickler besteht darin, für alle Zielgruppen passende Objekte zu entwickeln und die Vielfalt der Möglichkeiten auszuschöpfen. Wohnen auf kleiner Fläche bedeutet nicht mehr den Verlust an Qualität und Komfort, sondern steht vor allem für einen nachhaltigen Umgang mit Flächenverfügbarkeiten.

Mit zusätzlichen Angeboten, einer cleveren Raumnutzung und hochwertiger Ausstattung wird aus weniger mehr.

Autor Björn Dahler ist Geschäftsführer bei Dahler & Company.

Fotos: Dahler & Company

 

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