Angesichts des Baubooms in Deutschland pocht die Berufsgenossenschaft auf ausreichenden Schutz für Arbeiter auf den Baustellen. Durch Zeit- und Kostendruck entstünden Situationen, die dem Arbeitsschutz nicht immer zuträglich seien.
„Es ist ganz klar: Es wird im Moment sehr viel gebaut. Auch die Bauzeiten haben sich immer weiter verkürzt“, sagte der Leiter der Präventionsabteilung der BG Bau, Bernhard Arenz. In der Bau- und Reinigungsbranche sind Arbeitsunfälle seit längerem rückläufig.
Nach vorläufigen Zahlen wurden 2017 etwa 103.200 meldepflichtige Arbeitsunfälle registriert – 2010 seien es noch 118.000 gewesen. Die Zahl der tödlichen Unfälle nahm dagegen zu: 88 Menschen starben bei Arbeitsunfällen, elf mehr als ein Jahr zuvor.
„Das ist natürlich nicht akzeptabel und es sind Zahlen, die wir ganz klar reduzieren müssen“, sagte Arenz der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl schwanke immer mal. Es müsse aber schon in der Planung eines Bauprojekts ausreichend an Sicherheit gedacht werden.
Bauherren vernachlässigen Sicherheit
„Die Bauherren haben eine gesetzliche Verpflichtung dazu über die Baustellenverordnung.“ Gerade bei großen öffentlichen Auftraggebern werde das aber in der Planungsphase mitunter vernachlässigt.
Arbeitgeber und zuständige Ärzte müssen Arbeitsunfälle spätestens dann der Berufsgenossenschaft melden, wenn Beschäftigte wegen einer Verletzung mindestens drei Tage nicht arbeiten können.
Unfälle von Selbstständigen, die selbst Mitarbeiter haben, tauchen oft nicht in der Statistik auf, weil sie nicht in der Berufsgenossenschaft sein müssen. Sie können sich freiwillig versichern. Bei Beschäftigten zahlt dagegen das Unternehmen Beiträge zur Unfallversicherung.
Einweisung senkt Unfallrisiko
Der Gewerkschafter Hivzi Kalayci von der IG BAU ist regelmäßig auf Baustellen in Berlin unterwegs und meint: „Es wird unter sehr großem Zeitdruck gearbeitet.“ Aus seiner Sicht könnte das Unfallrisiko leicht gesenkt werden.
Auf jeder Baustelle sei eine Gefahrenanalyse vorgeschrieben. Das werde gemacht, aber oft nicht gut an die Arbeiter weitergegeben. „Auf 80 Prozent der Baustellen, die ich besuche, haben die Beschäftigten keine Einweisung erhalten.“
Weil Fachkräfte fehlten, würde oft auf Quereinsteiger und Arbeiter aus Bulgarien oder Rumänien zurückgegriffen. Diese seien nicht immer gut vorbereitet in Sachen Arbeitsschutz, sagte Kalayci. Hinzu komme die Sprachbarriere.
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