Lange standen Wohnungen und Häuser in guten und mittleren Lagen im Fokus der Projektentwickler und Anleger. Dort sind jedoch die Renditen deutlich gesunken. Wer noch gute Erträge erzielen möchte, sollte sein Augenmerk auf innerstädtische C-Lagen richten. Gastbeitrag von John Bothe, Silverlake
Gute Lage, mittlere Stadt – mittlere Lage, gute Stadt. Das ist die traditionelle Strategie all jener, die sich 1a-Lagen an Top-Sieben-Standorten nicht leisten können oder wollen.
Investoren, die nach diesem „ABBA-Prinzip“ handeln, können nichts falsch machen – dachten sie zumindest. Mittlerweile haben sich auch die B-Lagen in A-Städten und die A-Lagen in B-Städten zu teuren Standorten entwickelt.
Hoher Anlagedruck und zu wenig Neubau sorgen für eine Preisspirale – deutschlandweit fehlen 1,5 Millionen Wohnungen, da Städte und Gemeinden selbst gesetzte Bauziele verfehlen und der Wohnungsbau keine beherzte Förderung erfährt. Die steigenden Baukosten – Stichwort energetische Auflagen – tun das ihrige dazu. Renditen können selbst konservativen Erwartungen nicht mehr gerecht werden.
Renditenchancen in den Zentren
Als Investor blicke ich zunehmend auf innerstädtische C-Lagen. Rund um die Hauptbahnhöfe in Düsseldorf und Köln, das Bahnhofsviertel in Frankfurt am Main oder den Stuttgarter Heusteig gibt es sie noch: sanierungsfähige Wohnhäuser neben Baulücken. Dort macht sich das perspektivische Augenmerk des Immobilieninvestors bezahlt.
Dank guter Infrastruktur und Nahversorgung – die Nähe zu den Fußgängerzonen sowie Hauptbahnhöfen – und gleichzeitig bezahlbaren Einkaufspreisen steigt das Interesse von Anlegern, die auf deutliche Wertzuwächse setzen, an bis dato vernachlässigten Stadtteilen.
Dem Vermietungsmanagement kommt zugute, dass sich immer mehr Menschen angesichts der aktuellen Preisentwicklungen in den Ballungsgebieten kaum noch einen Umzug leisten können. Man spricht vom Locked-in-Effekt: Ältere Menschen können keine kleinere Wohnung bezahlen, jüngere Menschen mit kleinen Kindern erst recht keine größere.
Wohnungspolitisches Ungleichgewicht
Das Ergebnis ist ein wohnpolitisches Ungleichgewicht, da die zur Verfügung stehenden Quadratmeter je Einwohner unterschiedlich verteilt sind.
Nicht nur deswegen nehmen viele Mieter innerstädtische C-Lagen an guten Standorten in Kauf, während sich für Bestandshalter und Endkäufer die Investition lohnt, weil das Mietniveau inzwischen genauso hoch ist wie in klassischen A-Lagen.
Freie Projektentwickler und Investoren können zudem von ihren kurzen Entscheidungswegen profitieren – ebenso wie die Bewohner. Denn selbst wenn die Verantwortlichen in der Politik den Weckruf hören und erkennen, dass sie in einem innerstädtischen Quartier soziale und wirtschaftliche Hausaufgaben zu erledigen haben, vergehen Jahre bis zur Umsetzung.
In der Zwischenzeit sind Häuser saniert, leere Flächen nachverdichtet und Bewohner eingezogen – und das mit besseren Renditen respektive Preis-Leistungs-Verhältnissen als in etablierten Stadtteilen.
Autor John Bothe ist Geschäftsführer der Silverlake Beteiligungsgesellschaft GmbH.
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