Seit Dienstag befasst sich das Bundesverfassungsgericht mit der Einheitsbewertung bei der Grundsteuer. Es wird erwartet, dass die Richter das bisherige Verfahren als verfassungswidrig einstufen. Für eine Neuregelung ist nach Einschätzung des Immobilienverbands IVD nur ein Modell wirklich geeignet.
Nach Einschätzung von Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands IVD, haben die Karlsruher Richter bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass das geltende Recht nicht mit der Verfassung vereinbar sei, weil die Einheitswerte von den heutigen Werten stark abweichen.
Naturgemäß habe sich das Gericht mit konkreten Reformvorschlägen zurückgehalten. Nach Einschätzung des IVD ist davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuer nicht für verfassungswidrig erklärt, sondern dem Gesetzgeber eine Frist setzen wird, innerhalb derer er eine Neuregelung schaffen muss.
Den Worten des Vorsitzenden sei jedoch deutlich zu entnehmen, dass das Gericht nicht gewillt sei, die derzeitige verfassungswidrige Situation weitere zehn Jahre zu tolerieren.
Vorschlag des Bundesrates laut IVD nicht umsetzbar
Damit dürfte der Vorschlag des Bundesrates, die Grundsteuer in Zukunft anhand der Kostenwerte zu bemessen nach Einschätzung des IVD hinfällig sein, da zur Ermittlung der Kostenwerte eine Übergangsfrist von zehn Jahren nötig wäre.
„Der Gesetzgeber steht vor einer großen Herausforderung. Die Reform darf nicht zu mehr Bürokratie führen und es darf keine enormen zusätzlichen finanziellen Belastungen für Mieter und Eigentümer geben“, so Schick.
Mit dem Vorschlag des Bundesrates (Drucksachen 18/10753 und 18/10751) liegt bereits ein Entwurf für eine Neuregelung der Grundsteuer vor. Danach soll als Bemessungsgrundlage in Zukunft der sogenannte Kostenwert dienen, der sich aus dem Bodenrichtwert und einem stark typisierten Gebäudesachwert zusammensetzt.
Kostenwert als Basis würde zu ständigen Erhöhungen führen
Der IVD-Steuerexperte Hans-Joachim Beck habe schon im Vorfeld der Verhandlung dringend davor gewarnt , diesen Gesetzesvorschlag umzusetzen. „Durch die vorgeschlagenen Kostenwerte wäre eine ständige Erhöhung der Grundsteuer vorprogrammiert. Steigende Bodenwerte und Baupreise würden auch ohne Anhebung der Hebesätze zu einem stetigen Anstieg der Grundsteuer führen. Zwar könnten die Gemeinden insofern ‚gegensteuern‘, indem sie die Hebesätze entsprechend absenkten. Nach der bisherigen Erfahrung ist damit aber kaum zu rechnen. Seit 1990 ist der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer B in Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern von 300 auf 517 Prozent gestiegen“, so Beck.
Zudem würden Neubauten gegenüber Altbauten aufgrund der steigenden Baukosten benachteiligt. „Der volle Ansatz der Bodenwerte würde vor allem in den Städten und in den begehrten Wohnlagen zu einer ‚explosionsartigen‘ Erhöhung der Grundsteuer führen. Wer sich etwa in den 70er-Jahren am damaligen Rand einer Großstadt ein Einfamilienhaus gekauft hat, würde ein Vielfaches der bisherigen Steuer zahlen müssen“, führt Beck aus.
Er verweist darauf, dass Professor Johanna Hey vom Institut für Steuerrecht an der Universität Köln in ihrem Gutachten, das die BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland in Auftrag gegeben hat, festgestellt habe, dass der Kostenwert auch verfassungsrechtlich bedenklich sei.
Orientierung an Bodenwert ebenfalls verfassungswidrig
Nach Ansicht des IVD ist auch der Vorschlag, bei sämtlichen Grundstücken nur den Bodenwert zu berücksichtigen, verfassungswidrig. Zwar ließe sich eine derartige Bewertung leicht umsetzen, weil die Bodenwerte bereits vorliegen. Dadurch würden jedoch bebaute und unbebaute Grundstücke gleichheitswidrig behandelt und unbebaute Grundstücke im Verhältnis zu ihrem Verkehrswert stärker belastet als bebaute Grundstücke.
Beck: „Eine Grundsteuerreform muss kurzfristig umsetzbar und aufkommensneutral sein. Die unterschiedlichen Nutzungsarten müssen berücksichtigt, die Nutzer dürfen nur zumutbar belastet werden und eine nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung muss möglich sein.“
IVD favorisiert Äquivalenzzahlen-Modell
Aus Sicht des IVD bietet sich daher das sogenannte Äquivalenzzahlen-Modell an, das von den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen entwickelt worden ist. Bei dem „Südländer-Modell“ ergibt sich die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer aus den Flächen des Grundstücks und des Gebäudes.
Die verschiedenen Nutzungsarten können durch unterschiedliche Multiplikatoren berücksichtigt werden. Ein solches Modell hätte außerdem den Vorteil, dass steigende Grundstückspreise und Baukosten nicht zu einem automatischen Anstieg der Grundsteuer führen würden“, so IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. (bk)
Foto: IVD