Die Fintech-Szene in Deutschland wächst weiter – und sammelt so viel Risikokapital ein wie noch nie. 793 Startups aus dem Finanzbereich gibt es aktuell. Mit 778 Millionen Euro haben sie in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 bereits mehr Venture Capital eingesammelt als im gesamten Jahr 2017 mit 713 Millionen Euro. Und das Tempo der Neugründungen hält weiter an, bestätigt eine Fintech-Studie von Comdirect.
„Das konstant hohe Volumen an Risikokapital deutet darauf hin, dass sich die Fintech-Szene in Deutschland zunehmend professionalisiert. Aus den ,Jungen Wilden’ sind etablierte Unternehmen geworden, die in den allermeisten Fällen die Zusammenarbeit mit den Banken suchen“, sagt Arno Walter, Vorstandsvorsitzender von Comdirect.
Wachstum der Fintech-Szene nimmt wieder zu
Die Zahl der Gründungen ist in 2017 im Vergleich zu den Vorjahren etwas zurückgegangen. Mit 96 Startups wurde aber immer noch fast jeden vierten Tag ein neues Fintech gegründet. In diesem Jahr scheint die Wachstumsdynamik wieder leicht anzuziehen: Bis Ende September wurden bereits 42 Fintech-Gründungen registriert. Im vergangenen Jahr waren es zum selben Zeitpunkt lediglich 30. Eine endgültige Bewertung für 2018 ist allerdings erst im kommenden Jahr möglich, da viele neue Unternehmen aus Angst vor Nachahmern später an die Öffentlichkeit gehen. Experten bezeichnen dies als Tarnkappen-Modus.
Auffällig ist dabei der hohe Anteil von Startups, die sich mit Blockchain beziehungsweise Bitcoin beschäftigen. Mit 13 Neugründungen seit Anfang 2017 hat sich dieser Bereich gegenüber der letzten Studie in 2016 mehr als verdoppelt. Auch der Bereich Insurtech verzeichnet mit einem Plus von 26 Prozent ein überdurchschnittliches Wachstum. Nach wie vor dominierend unter den Fintechs sind jedoch die Bereiche Proptech und Finanzierung mit 187 beziehungsweise 157 Startups.
Kaum Risikokapital für Payment-Startups
Startups aus dem Bereich Finanzierung sind auch führend bei der Beschaffung von Venture Capital. In 2017 und 2018 konnten sie 25 Prozent des in Fintech investierten Kapitals auf sich vereinen. Zum Bereich Finanzierung gehören neben Vergleichsportalen auch Startups, die Crowdfunding, Leasing oder Factoring anbieten. Mit 17 Prozent folgen Investment-Startups auf Platz zwei. Weiter aufholen konnten Accounting-Startups, die zwölf Prozent des Venture-Capital-Investmentvolumens seit 2017 erhielten. In Insurtech-Startups wurden zehn Prozent des Fintech-Venture Capital investiert. Proptech, die zahlenmäßig größte Kategorie, konnte lediglich acht Prozent des Kapitals einsammeln. Unter den großen Kategorien liegt Proptech damit auf dem letzten Rang.
Etwas überraschend: Payment-Startups können trotz der breiten öffentlichen Diskussion zum Thema mit zwei Prozent nur einen verschwindend geringen Anteil des Venture-Capital-Investitionsvolumens seit 2017 für sich verbuchen. (fm)
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