„Brasilien und Indien sind phänomenal“

Cash.Online: Wie wählen Sie aus?

Jain: Wir nennen unseren Ansatz „High Quality Growth at Sensible Price“. Das heißt, wir sind keine Schnäppchenjäger, sondern suchen Unternehmen, die sich durch eine besonders hohe Qualität der Ertragsstabilität über den gesamten Konjunkturzyklus auszeichnen. Wichtig ist eine hohe Rendite in Relation zum Eigenkapital (RoE) sowie geringe Fremdverschuldung. Wir investieren nur, wenn wir glauben, dass ein Unternehmen fähig ist, langfristig zu wachsen. Wir sind bereit, einen angemessenen Preis zu zahlen, weil wir glauben, dass Märkte stabiles Wachstum unterbewerten. Investoren fokussieren häufig auf kurzfristige Bewertungen wie das Kurs-/Gewinn-Verhältnis. Aus unserer Sicht ist dies mit einem Rennen über zehn Kilometer zu vergleichen, in dem man versucht, bereits nach 500 Metern den Gewinner zu ermitteln. Wir setzen auf Qualität statt auf Value oder Growth.

Cash.Online: Ein Beispiel?

Jain: Die Deutsche Bank etwa ist derzeit statistisch gesehen günstig bewertet. Wenn man aber Haircuts bei Staatsanleihen simuliert, wären verschiedene große Banken ohne substanzielle, verwässernde Eigenkapitalinjektionen technisch bankrott. Wie bewertet man so etwas? Aus traditioneller Value-Perspektive sehen wir derzeit nicht viele Gelegenheiten. Die Akquisition des Anteils an der Bank of America durch Warren Buffet ist ein Beispiel, dass nur wenigen Investoren offen steht.

Cash.Online: Welches Kriterium ist für den Anlageerfolg entscheidend?

Jain: Das Stock Picking, es geht immer auf die Selektion einzelner Aktien zurück. Aktien sind keine BIP-Futures sondern Anteile an realen Unternehmen. Alle Unternehmen haben Umsätze und operative Kosten. Am Ende des Tages geht es darum, was die Leitung aus einem Unternehmen macht. Wir investieren in solche, die eine stabile Gewinnentwicklung aufweisen. Sie müssen ihre Gewinne nachhaltig – das heißt: über Konjunkturzyklen hinweg —steigern können. Im Idealfall verfügen diese über ein starkes Geschäftsmodell, ein erfahrenes Management mit gutem Leistungsausweis, eine starke Bilanz, eine Situation, die es erlaubt, Gewinne wieder im Unternehmen zu verwenden, um auf Jahre hinaus Voraussetzungen für Wachstum zu schaffen. Dies sind hohe Hürden, und wir arbeiten hart daran, solche Perlen zu finden. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Ecken der Welt gibt: Der mexikanische Aktienindex zum Beispiele ist den letzten fünf Jahren um durchschnittlich 10 Prozent pro Jahr gestiegen, trotz eines BIP-Wachstums von weniger als zwei Prozent. In China war das BIP-Wachstum bei elf Prozent, der Shanghai Composite stieg durchschnittlich jedoch nur um 0,8 Prozent pro Jahr.

Cash.Online: Apropos Schwellenländer: Wie fällt Ihre Perspektive aus?

Jain: Im globalen Fonds sind wir in Emerging Markets übergewichtet, vor allem in Indien und Brasilien. Auch Unternehmen, die von der Nachfrage der Schwellenländer profitieren, haben auf Jahre gute Wachstumsmöglichkeiten. Brasilien hat sich über die letzten 20 bis 30 Jahre als phänomenaler Markt herausgestellt, viel besser als Asien. Es ist einer der wenigen Märkte, wo sich Investitionen nach dem jüngsten Ausverkauf wieder lohnen. Wir sind große Fans ausgesuchter brasilianischer Firmen. Indien bietet attraktive Wachstumsaussichten und ein einzigartiges Wirtschaftsmodell. Die Wachstumstreiber sind hier nicht primär Exporte oder Investitionen, sondern die Binnenwirtschaft.

Auf Seite 3 folgen die Aussichten für Investments in den USA und Europa.

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