Spätestens auf der Anlegermesse Invest in Stuttgart werden wir also wieder Krisen-Unkraut zupfen. Aber dennoch muss dies für die Märkte überhaupt kein Ungemach bedeuten. Denn die Krise ist die eine Sache, in der im Übrigen die ganze zumindest westliche Welt steckt. Unter jedem Dach wohnt eben ein Ach. In Japan, England und den USA ist die Krise so allgegenwärtig wie die Butter beim Stullenschmieren. Euroland ist also keine One-Man-Show auf der Krisenbühne, auch wenn die eigentlichen Hauptdarsteller der angelsächsischen Finanzaristokratie versuchen, sich wie schüchterne Laiendarsteller hinter dem Vorhang zu verstecken.
Konkret geht es aber um die andere Sache, den Umgang mit der Krise. Andere Länder gingen damit bis dato besser, weil unkonventioneller um. Aber auch Euroland hat dazu lernen müssen und begeht jetzt einen neuen, ebenso pragmatischen wie beschwerlichen Weg. Vor allem die als Gelenkschmiere eingesetzte Geldpolitik stabilisiert die eingerostete Eurozone mit zugegebenermaßen instabilen, ja sogar inflationstreibenden Therapien.
Jedoch will man damit den wirklich wichtigen Euro-Ländern wie Italien und Spanien jene notwendige Zeit verschaffen, um ihre Standorte fit zu spritzen, um damit für volkswirtschaftliche Gesundheit zu sorgen. Das meine ich Wachstum, das Schuldentragfähigkeit und die Wiedergewinnung von Stabilität zumindest langfristig gewährleistet. Es ist Italien & Co. sehr zu wünschen, dass sie bezüglich ihrer bereits ergriffenen Reha-Maßnahmen auch noch den Turbo einschalten.
Die Euro-Krise ist also nicht vorbei. Mittlerweile wird sie an den Finanzmärkten aber weniger als schockierender Thriller, sondern eher als nüchterner Dokumentarfilm wahrgenommen. Noch nie war Langeweile so schön. Hoffen wir, dass sie uns lange erhalten bleibt.
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernseh- und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen präsent.
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Foto: Baader Bank