Finanzmarktexperten in Deutschland trauen der europäischen Zentralbank (EZB) am ehesten zu, in den kommenden zwölf bis 24 Monaten „substanziell zur Lösung der Finanz- und Bankenkrise beizutragen“. Diese Ansicht vertreten 43 Prozent der Befragten, vom privaten Bankensektor erwarten sich die Finanzprofis kaum Hilfe.
29 Prozent der Befragten trauen den nationalen Regierungen am meisten zu, elf Prozent der Europäischen Kommission und nur sieben Prozent dem privaten Bankensektor, berichtet das Center for Financial Studies (CFS) in Frankfurt am Main auf Basis einer vierteljährlich durchgeführten Managementbefragung unter 400 Unternehmen des Finanzstandortes Deutschland.
Interessenkonflikte bei nationalen Regierungen vermutet
„Das große Vertrauen gegenüber der EZB drückt eine realistische Sicht auf die Machtverhältnisse auf Grundlage der Erfahrungen der letzten Jahre aus“, sagt Jan Pieter Krahnen, Direktor des Center for Financial Studies. „Ein Hintergrund könnte sein, dass bei den nationalen Regierungen Interessenskonflikte bei der Lösung der Bankenkrise vermutet werden.“
Regulierung der Schattenbanken gilt als wichtigste Maßnahme
Auf die Frage, welche Maßnahmen, in den kommenden zwölf bis 24 Monaten angestoßen werden müssten, um zu einer Lösung der europäischen Finanz- und Bankenkrise beizutragen, nannten 55 Prozent der Befragten die Regulierung des Schattenbankensektors. Weitere 44 Prozent befürworten die Einführung eines einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus und rund 40 Prozent strengere Eigenkapitalvorschriften. Eine Regulierung des Derivatemarktes halten 30 Prozent für wichtig und die Einführung eines einheitlichen europäischen Abwicklungsmechanismus 26 Prozent (siehe Grafik).
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Am Stresstest scheiden sich die Geister
Weiter berichtet das CFS, dass eine deutliche Mehrheit der Befragten (70 Prozent) die Durchführung eines sogenannten Stresstests für Banken „zur nachhaltigen Entwicklung der Bankenunion und zur Krisenbewältigung für erforderlich oder sehr erforderlich halten“. So plant die EZB im Zuge der Einrichtung einer einheitlichen Bankenaufsicht, die Bilanzen europäischer Finanzinstitute einer Qualitätsprüfung sowie eines Stresstests zu unterziehen.
Allerdings hält es nur eine knappe relative Mehrheit für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich, dass ein solcher Test zu einem vertrauensbildenden Effekt an den Kapitalmärkten führt (48 Prozent gegenüber 42 Prozent „wenig oder gar nicht wahrscheinlich“).
Es sei bemerkenswert, so CFS-Direktor Krahnen, dass das Asset Quality Review zwar für wesentlich gehalten werde, ihm aber kein umfassendes Vertrauen geschenkt werde. „Offenbar bestehen entweder Zweifel an seiner ernsthaften Durchführung, oder es wird vermutet, dass es gerade im Falle einer ernsthaften Durchführung für zusätzliche Verunsicherung sorgen könnte“, meint Krahnen.
Fast jeder zweite Befragte erwartet eine Bankenkonsolidierung
Eine relative Mehrheit von 45 Prozent erwartet als Folge der Tests eine Bankenkonsolidierung, 20 Prozent erwarten Bankenabwicklungen. Eine große Mehrheit der Befragten geht laut CFS zudem davon aus, dass der durch die Tests ermittelte zusätzliche Kapitalbedarf der Finanzinstitute durch die Aufnahme neuen Eigenkapitals gedeckt werden sollte, bevor mit abnehmender Zustimmung eine Kapitaldeckung mittels Haftungsübernahme der Gläubiger (Bail-In), Staatsbeihilfen und europäische Mittel (ESM) erfolgen sollte. (lk)
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