Die Naumer-Kolumne: Es ist schon paradox: Während der Wohlstand für alle ohne unternehmerisches Risiko und Engagement nicht vorstellbar war und ist – wohlhabend wird man eben nicht im gut abgefederten Schlafwagen – …
… haben sich die Deutschen mit dem unternehmerischen Aktien-Risiko nie wirklich dauerhaft angefreundet.
Nach einer jüngeren GfK-Umfrage erscheinen Aktien als die „nicht attraktivste“ Anlageform, die (als Anlage in Einzelaktien) am gesamten Geldvermögen wenig mehr als fünf Prozent ausmacht, wie das Geldvermögen nach den Berechnungen der Deutschen Bundesbank belegt. Werden die Investmentfonds, bei denen allerdings nur ein Teil zu den Aktienfonds gehört, mit einem Anteil von 12 Prozent am Geldvermögen dazu gerechnet, wird deutlich: Selbst dann stechen Spar- und Sichteinlagen mit einem Anteil von 40 Prozent deutlich hervor. Gefolgt von den Geldanlagen bei den Versicherern mit circa 30 Prozent.
Aber nicht nur im Depot sind Aktien in der Minderheit. Auch die Aktionäre selbst haben Minderheitenstatus. Nach jüngsten Zahlen des Deutschen Aktieninstituts kommen Fonds- und Aktienbesitzer auf 8,8 Millionen in Deutschland und das bei einer Bevölkerung von 80,2 Millionen.
Dabei haben deutsche Aktien durchaus Wohlstand geschaffen. Nehmen wir aus Anlass seines Geburtstages den Dax als Beispiel: Immerhin hat er sich seit seinem fast 25-jährigen Bestehen mehr als verachtfacht. Anders ausgedrückt: Wer Juli 1988 1000 Euro (oder annährend 2.000 D-Mark) investierte, bekam Anfang Juli 2013 ca. 8.000 Euro zurück. Er war damit trotz aller Höhen und Tiefen eine gute Kapitalanlage. Interessant: Gut 46 Prozent der Performance kamen aus Dividendenausschüttungen. Dividenden sorgen zwar für einen insgesamt ruhigeren Performanceverlauf, werden aber beim Blick ins Depot kaum wahrgenommen, da sie ja abfließen, während die Kurse schwanken.
Immerhin: Wird die Performance bis 1955 zurück gerechnet, war die Performance in der überwiegenden Zahl der Jahre positiv. In 39 Fällen kam es zu einer positiven Jahresperformance, in 19 Fällen zu einer negativen.
Natürlich lässt sich Aktien vorwerfen, dass die Zitterprämie in der Rendite hart verdient war. Aber halt: Ist die über 30-Jahre wirkende Anleihenrallye nicht zu ihrem natürlichen Ende gekommen?
Bewegen sich die Industriestaaten nicht in Zeiten der finanziellen Repression?
Es ist an der Zeit für „Wohlstand für alle“ mit deutschen Aktien.
Hans-Jörg Naumer schreibt als Kolumnist im Cash.-Magazin über aktuelle Themen der Kapitalmärkte. Naumer ist seit dem Jahr 2000 Leiter Kapitalmarktanalyse bei Allianz Global Investors (AGI), Frankfurt.
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