Die Deutschen meiden Aktien und bevorzugen renditearme Anlagen, wie eine aktuelle Umfrage von Union Investment bestätigt. Aus Sicht der Frankfurter Fondsgesellschaft ein großer Fehler.
Vor allem junge Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren favorisieren weiterhin das niedrig verzinste Sparbuch: „Großen Teilen der jungen Generation ist offenbar nicht bewusst, wie wichtig die private Altersvorsorge ist. Deshalb nutzen sie auch die Chancen beim Vermögensaufbau nicht, die ihnen ihr langfristiger Anlagezeitraum bietet“, sagt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment.
Das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft nimmt laut der Umfrage zu: erstmals seit drei Jahren gibt es mehr Optimisten (29 Prozent nach 21 Prozent im Vorquartal) als Pessimisten. „Die Eurokrise ist für die Anleger derzeit nicht mehr präsent. Bessere Wirtschaftsdaten aus den südeuropäischen Ländern haben ihre Stimmung deutlich aufgehellt“, so Gay.
Union-Studie: Junge Menschen besonders zurückhaltend
Auch die Attraktivität von Aktien ist im Vergleich zum ersten Quartal 2013 um vier Prozentpunkte auf 28 Prozent gestiegen. Aber lediglich 17 Prozent der Befragten besitzen Aktien, noch einmal zwei Prozentpunkte weniger als im Vorquartal und damit der niedrigste Wert seit vier Jahren: „Auch wenn man den Menschen die entgangenen Gewinne und das auf lange Sicht doch sehr geringe Risiko einer Aktienanlage aufzeigt, werden wir aus den Deutschen kurzfristig kein Volk der Aktionäre machen. Erfolgversprechender ist es, sie langsam an höher rentierliche Anlageformen heranzuführen, beispielsweise über Aktienfondssparpläne“, erklärt Gay.
Insbesondere junge Menschen nutzen Aktien beim langfristigen Vermögensaufbau nicht. Geschäftsführer Gay: „Obwohl die Befragten angeben, dass Tagesgeld (59 Prozent) und Sparbuch (83 Prozent) kaum Zinsen bringen, ziehen Anleger diese Geldanlagen immer noch in Betracht. Das Tagesgeld kommt für 68 Prozent zum jetzigen Zeitpunkt als Geldanlage in Frage. Das Sparbuch zieht aktuell jeder Zweite für sich als Anlageform in Erwägung.“
Besonders stark ausgeprägt sei dies bei den 20- bis 29-Jährigen, unter denen zwei Drittel für ein Sparbuch offen sind.
„Das Ergebnis zeigt, dass vor allem junge Menschen bei der Geldanlage extrem zurückhaltend sind. Dabei hätten gerade sie die Zeit, Aktienschwankungen aussitzen zu können. Auf lange Sicht weisen Aktien das beste Chance-Risiko-Verhältnis auf“, so Gay. Durch den fehlenden Mut zur Aktie verzichte diese Altersgruppe auf langfristig attraktive Erträge über der Inflationsrate und nehme damit geringere Sparerfolge in Kauf.
Zinsen werden teilweise überschätzt
Weitere Ergebnisse laut Union Investment: Junge Erwachsene gehen von einem höheren Zinsniveau aus als die Älteren. „Neben der Risikoaversion tut die fehlerhafte Zinseinschätzung ihr Übriges, dass die junge Generation falsch spart und somit die Ertragspotenziale bei der Geldanlage nicht optimal nutzt“, so Gay.
Die private Altersvorsorge bleibt mit 77 Prozent nach 81 Prozent im Vorquartal eins der wichtigsten Sparziele der deutschen Anleger. Bei genauer Betrachtung wird allerdings deutlich, dass dieses Sparmotiv erst mit zunehmendem Alter mehr in den Fokus rückt: Zwei Drittel der Befragten im Alter von 20 bis 29 Jahren halten die private Vorsorge für wichtig, unter den 50- bis 59-Jährigen immerhin 81 Prozent.
„Je früher man mit der Vorsorge beginnt, desto besser. Denn bei einem Start in jungen Jahren reichen kleine regelmäßige Sparbeiträge aus, um langfristig ein beachtliches Vermögen aufzubauen“, erklärt der Union-Investment-Geschäftsführer.
Gay: „Mehr Aufklärung“
Die Frankfurter Fondsgesellschaft rechnet vor: Legt ein 32-Jähriger bis zu seinem 65. Lebensjahr monatlich 100 Euro zurück, hat er bei einer Verzinsung von vier Prozent zum Rentenbeginn ein Vermögen von 81.200 Euro. Fängt er mit dem Sparen nur ein Jahr später an, verzichtet er dadurch am Ende auf rund 4.300 Euro. Bei einer Verzinsung von sechs Prozent entgehen ihm durch sein Abwarten sogar fast 8.000 Euro.
Gay analysiert: „Jungen Menschen scheint das Ausmaß an verschenkten Erträgen durch ihre Zurückhaltung offensichtlich nicht bewusst zu sein. Das zeigt, dass hier noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden muss. Denn sie gefährden durch ihre Risikoneigung sowie ihr geringeres Interesse an der privaten Vorsorge die Sicherung des Lebensstandards im Alter.“ (mr)
Foto: Shutterstock