Anleger und Berater sollten bei alternativ gestrickten Indizes beziehungsweise ETFs eine gesunde Portion Skepsis walten lassen.
Gastbeitrag von Ali Masarwah, Morningstar Deutschland
Börsennotierte Indexfonds haben in den vergangenen Jahren Furore unter Fondsanlegern gemacht. Günstig sind sie allemal, überwiegend auch transparent und erst recht flexibel einsetzbar. Waren 2001 europaweit nur 2,4 Milliarden Euro in den Indexvehikeln investiert, waren es per Ende des ersten Quartals dieses Jahres bereits rund 290 Milliarden Euro.
„Smart Beta“-ETFs
Seit einigen Jahren geht indes die Kunde von sogenannten „Smart Beta“-ETFs um. Es handelt sich hierbei um eine neue Generation von Indexprodukten. Die ETF-Anbieter geben vor, dass diese ETFs der „Generation 2.0“ im Gegensatz zu herkömmlichen Indizes „intelligent“ seien.
Der Gedanke dahinter: Wertpapierindizes sind in der Regel nach der Marktkapitalisierung der in ihnen enthaltenen Aktien beziehungsweise nach der Emissionsgröße der Schulden (bei Renten-ETFs) gewichtet.
Implosion der Anlegerportfolios
Die Marktkapitalisierung, so die Argumentation vieler ETF-Spezialisten, sei keine gute Lösung für Anleger, da sie zum einen einer prozyklischen Logik folge und somit Klumpenrisiken fördere. Daraus folgt – und das ist ein gravierender Einwand – dass herkömmliche Indizes Investoren spekulativen Blasen aussetzten.
Erinnert wird dabei häufig an die Situation 1999/Anfang 2000, als absurd hoch bewertete Technologie- und Telekomwerte Indizes wie Dax, Nasdaq und Co. dominierten und in der Folge das Platzen der Blasen Anlegerportfolios regelrecht zur Implosion brachte.
Kreativität bei Indexgewichtung
Als Lösung werden Produkte präsentiert, die nach einer anderen Logik gewichtet werden. Die solchen ETFs zugrunde liegenden Indizes werden nicht nach der Marktkapitalisierung gewichtet. Die Kreativität der ETF-Branche scheint uferlos zu sein.
Es gibt sogenannte Dividenden-ETFs, die nach Höhe der Dividenden-Rendite der Aktien gewichtet sind, Low-Beta-ETFs, in denen sich die Aktien mit der niedrigsten Schwankungsintensität finden, Value-ETFs, die Aktien nach bestimmten Kennzahlen wie Kurs-Buch-Wert oder Kurs-Gewinn-Verhältnis gewichten.
Bei Anleihen ist es im Zuge der Eurokrise in Mode gekommen, ETFs nach der Verschuldung der Länder oder ihrer Wirtschaftsleistung zu gewichten. Die Variationen sind zahlreich. Doch halten wir zunächst fest, was feststeht. Es handelt sich hier um eine andere Investmentlogik als die herkömmliche marktkapitalisierungsgewichtete. Aber ist anders notwendigerweise auch besser? Zweifel sind angebracht.
Zweifel an Investmentlogik
Zunächst zum sprachlichen Aspekt. Der Begriff „Smart“ suggeriert, dass der Index mehr „weiß“ als der Markt. Das ist Unfug. Die Grundlagen der meisten dieser Strategien, die unter dem Label Smart Beta bekannt sind, existieren bereits seit Jahrzehnten.
Auch ist Methodologie der Indizes bekannt. Da der Index also auf allgemeinem Marktwissen basiert, kann er per Definition nicht „smart“ sein. Aber vermutlich lässt sich ein „smarter“ ETF besser verkaufen als ein simpler Indexfonds?
Seite zwei: Smart-ETF – anders ist nicht per se besser