Die Rating-Gesellschaft ICV hat in ihrer aktuellen Länderstudie ein Spektrum von 53 Staaten einer umfassenden Kreditanalyse unterzogen. Mit bemerkenswerten Ergebnissen.
Gastbeitrag von René Hermann, Independent Credit View
Fundamentale Bonitätsbeurteilungen von Volkswirtschaften sind ein wichtiges Kriterium für Bondinvestoren, da diese daraus Rückschlüsse ableiten und ihre Anlageentscheidungen entsprechend ausrichten können.
Ein kräftiges Wirtschaftswachstum etwa erleichtert Staaten ihre finanzielle Stabilisierung und die Rückkehr zu ausgeglichenen Staatshaushalten. Doch unsere Analyse zeigt, dass der global erhoffte Wachstumsschub bisher ausblieb und die optimistischen Prognosen schrittweise nach unten korrigiert werden müssen.
Hauptgründe für die Korrekturen sind die zaghafte Erholung im Euroraum sowie die noch schwache Binnennachfrage und der Wachstumsrückgang in den großen Schwellenländern wie China.
Wachstumsschub blieb bisher aus
Immerhin haben sich die Leistungsbilanzen in der Europeripherie erholt und in Spanien sowie in Irland ins Positive gedreht. In Italien und Portugal zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, während Griechenland voraussichtlich im Laufe des Jahres 2014 eine ausgeglichene Leistungsbilanz aufweisen wird. Das heißt, die Importe werden nicht mehr die Exporte übersteigen.
Die Länder der Europeripherie sind somit nicht mehr länger auf Kapitalimporte angewiesen. Dagegen bleiben die Ungleichgewichte in Frankreich, Großbritannien und den USA. Zu den Staatshaushalten: Die Sparmaßnahmen der Regierungen in der Europeripherie zeigen zwar Wirkung, aber die erforderlichen Niveaus sind vielerorts noch nicht erreicht.
Erholung steht auf schwachen Beinen
Doch ein ausgeglichener Staatshaushalt ist eine Notwendigkeit, um eine Stabilisierung und schrittweise Reduktion der Verschuldung herbeizuführen. Die Erholung steht damit trotz Lichtblicken im Export und verbesserter Wettbewerbsfähigkeit durch eine reale Abwertung immer noch auf schwachen Beinen.
Die Verschuldungssituation der Industrienationen stabilisiert sich, getrieben durch rigorose Sparprogramme, zaghaft auf hohem Niveau. Die Rückkehr zu Primärüberschüssen in der Eurozone wäre die erste Voraussetzung für einen nachhaltigen Abbau der Verschuldung, welche aber bei fast allen Ländern immer noch steigt.
Wirtschaftsgroßmächte riskieren Wettbewerbsfähigkeit
Hierzu wären angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und angespannter innenpolitischer Lage weitere Anstrengungen vonnöten. Generell laufen die Wirtschaftsgroßmächte Frankreich, Großbritannien, Japan und die USA Gefahr, dass wichtige Strukturreformen nicht konsequent umgesetzt werden und sie somit weiter an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen.
Bis dato sind wir nicht überzeugt, dass sich Politiker als gute Krisenmanager erweisen. Aus unserer Sicht nimmt der Markt eine positive Entwicklung vorweg, welche sich aber aus fundamentaler Sicht noch nicht materialisiert hat.
Seite zwei: Keine Rede von Schuldenabbau