Die Stunde der Computer ist gekommen

Dax bei 12.000 Punkten – die Hausse an den Aktienmärkten der großen westlichen Industrieländer scheint keine Grenzen mehr zu kennen.

Marktkommentar: Leo Willert, Arts Asset Management

Leo Willert, Arts Asset Management

So hat der deutsche Leitindex Dax allein in diesem Jahr bis Mitte März mehr als 20 Prozent zugelegt, die Marke von 12.000 Punkten erreicht und sich damit inzwischen seit dem Jahresultimo 2011 mehr als verdoppelt. Der japanische Nikkei 225 hat seit Ende 2011 sogar rund 130 Prozent gewonnen, während der US-Technologieindex Nasdaq Composite im selben Zeitraum ein Plus von rund 90 Prozent aufweist und erstmals seit dem Dot-Com-Boom im Jahr 2000 wieder 5.000 Punkte erreicht hat.

Vor diesem Hintergrund fragen sich etliche Anleger, was Sie tun sollen. Empfiehlt es sich jetzt, Gewinne mitzunehmen und sich vom vielleicht zu schnell gestiegenen Aktienmarkt zu verabschieden?

KGV-Kennzahlen können täuschen

Die Fundamentalanalyse liefert dazu keine klaren Antworten. Zum Beispiel taugt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) kaum als Selektionskriterium. So stieg das KGV des marktbreiten US-Index S&P-500 im Jahr 2009 aufgrund schwacher Gewinnentwicklung stark an und erreichte zu einem Zeitpunkt ein historisches Hoch als man eigentlich investieren hätte müssen.

Hinzu kommt, dass auch fundamental hoch bewertete Märkte noch deutlich zulegen können. So ging George Soros‘ Quantum Fund in der ersten Hälfte des Jahres 1999 Technologie-Aktien short, da Soros – fundamental betrachtet durchaus berechtigt – der Ansicht war, dass der Markt deutlich überbewertet und heiß gelaufen war. Dessen ungeachtet stiegen die Kurse an der Nasdaq auf immer neue Höchststände und Soros musste seine Short-Position liquidieren, nachdem der Quantum-Fonds bis Ende Juli 1999 ein Minus von 20 Prozent eingefahren hatte.

Rückschlagsrisiko spricht gegen Haltestrategien

Ein kompletter Ausstieg aus dem Aktienmarkt könnte also trotz der jüngsten Rallye fatale Folgen haben, zumal Anlagealternativen im derzeitigen Niedrigzinsumfeld nicht in Sicht sind. Eine breit angelegte „Augen-zu-und-durch“-Strategie des Buy-and-hold erscheint allerdings vor dem Hintergrund des hohen Rückschlagrisikos einzelner Aktienmärkte (wenn der Aufwärtstrend gebrochen ist) und danach mitunter langer Aufholphasen zu den alten Hochs (Recovery-Perioden) als möglicherweise ziemlich riskant.

Hinzu kommt, dass die weltweiten Börsen sich oftmals asynchron bewegen. Einzelne Märkte scheren plötzlich aus dem Gesamttrend aus und die Bestperformer der Vergangenheit sind plötzlich die großen Verlierer der Gegenwart. Brasilien und Russland, die beiden Überflieger der in den Jahren 2003 bis 2007 so erfolgreichen BRIC-Fonds, waren in Euro betrachtet in den letzten drei Jahren die global schwächsten Länder überhaupt: Brasilien fast minus 50 Prozent, Russland knapp minus 40 Prozent.

Gefragt ist daher mehr denn je eine flexible, trendfolgende Sektorrotations-Strategie. Gemeint ist damit eine Anlagestrategie, die über Regionen und Branchen hinweg Chancen in den einzelnen Aktienmärkten nutzt, aber bei Rückschlägen und Trendbrüchen auch schnell und konsequent aussteigt.

Nicht gegen den Markt setzen

Ein großer Vorteil computerbasierter Trendfolgemodelle ist zudem, dass sie auch in anlagetechnisch herausfordernden Zeiten immer einen kühlen Kopf bewahren und emotionslos die Tradingregeln befolgen. Es hat sich in einer Vielzahl von Untersuchungen gezeigt, dass die meisten Anleger daran scheitern, dass sie das eigene Regelwerk – auch wenn es auf lange Sicht durchaus erfolgreich wäre – nicht diszipliniert umsetzen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier – wie auch in so vielen anderen Bereichen – in der Disziplin. William Eckhardt, einer der weltweit erfolgreichsten Trendfolger und Lehrer der legendären „Turtle-Traders“ bringt diese Philosophie auf den Punkt: „You are not special. You are not smarter than the market. So follow the rules.“

Autor Leo Willert ist Geschäftsführer und Head of Trading von Arts Asset Management, Tochter der Wiener Fondsgesellschaft C-Quadrat.

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