Kolumne: Hans-Jörg Naumer, Allianz Global Investors
Trotz der sich abzeichnenden langsamen Kehrtwende der US-Zentralbank gilt das Paradigma der „Finanziellen Repression“ weiterhin…
… ja hat mit den Rekord-Niedrigzinsen im Euroraum, die sich bis hinein zu negativen Einlagezinsen für die Banken als Teil des geldpolitischen Instrumentariums erstrecken, eine neue Phase erreicht.
Abbau der Staatsschulden
Was die Sparer bekümmert, freut die Finanzminister, denn: Die niedrigen Zinsen helfen beim Abbau der Staatsschulden, wie nachfolgende Betrachtung am Beispiel Deutschlands zeigt. Die Staatsschulden Deutschlands lagen Ende 2014 bei über 75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (Bip). Damit gehört die Bundesrepublik zwar zu den Musterknaben des Euroraums, aber auch sie verletzt das Maastrichter Schuldenkriterium von maximal 60 Prozent deutlich.
Die Finanzielle Repression hilft die 60-Prozent-Grenze wieder zu erreichen. Der Mechanismus ist einfach: Wächst eine Volkswirtschaft stärker als die auf den öffentlichen Schulden liegende Zinslast, dann kann der Staat aus den Schulden herauswachsen. Wann also würde Deutschland die Schuldenobergrenze des Maastricht-Kriteriums von 60 Prozent wieder erreichen?
Hohe Inflationsraten beschleunigen
Werden ein Wachstum von 1,5 Prozent p.a. und eine durchschnittliche Rendite von zwei Prozent auf den Berg an Staatsschulden unterstellt, dann wird die Schuldenobergrenze von 60 Prozent bei einer Inflationsrate von zwei Prozent im Jahr 2030 erreicht. Steigt die Inflation auf vier Prozent, dauert es nur bis 2021. Steigt sie auf sechs Prozent (was nicht meinen Erwartung entspricht), dann lediglich bis 2018.
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Zugegeben: Die zwei Prozent Kostenbelastung für den Finanzminister erscheint hoch. Die Größe bezieht sich allerdings auch auf den Teil der Schulden, die noch aus Zeiten höherer Zinsen herrühren und sie berücksichtigt, dass es über die Zeit zu einer zumindest ansatzweisen Normalisierung des Renditeniveaus kommt. Es handelt sich ja um lange Zeiträume.
Kritisch ist dabei, dass die Entschuldung nur wirkt, wenn der Primärhaushalt ausgeglichen ist, also die Ausgaben die Einnahmen nicht übersteigen, ohne dass Zinsen und Tilgung bei den Ausgaben mit einbezogen werden. Verständlich, dass die „schwarze Null“ so wichtig ist. So oder so gilt: Die Sparer zahlen die Zeche. Sie haben alle (!), wenn die Inflation auch nur geringfügig über die aktuellen Renditen steigt, negative (reale) Sparzinsen. Höchste Zeit, die Aktienquote zu überprüfen.
Autor Hans-Jörg Naumer ist Global Head of Capital Markets & Thematic Research bei der Fondsgesellschaft Allianz GI.