Schlumberger: „Hausse an Aktienmärkten nicht entgehen lassen“

Europäische Aktienmärkte zeigen erste Ermüdungserscheinungen. Bis zur unvermeidlichen Zinswende bleiben Aktien alternativlos. Ein Kommentar von Dr. Manfred Schlumberger, Geschäftsführer BHF Trust.

Manfred Schlumberger, BHF Trust: „China ist spannendster Bullenmarkt der Gegenwart.“

Die Kursentwicklung an den europäischen Aktienmärkten zeigt nach der fulminanten Rally des ersten Quartals zwischenzeitlich leichte Ermüdungserscheinungen. Beim Dax hat sich der Ausbruch über das Allzeithoch des Kursindexes aus dem Jahre 2000 als bisher nicht nachhaltig erwiesen. Der DAX-Performanceindex kann sich aktuell lediglich in einer Konsolidierungs-Spanne zwischen 11.600 und 12.400 halten. So verdirbt momentan insbesondere die unendliche griechische Tragikomödie den Börsianern die Laune.

Die griechische Regierung erwartet von ihren europäischen Partnern weiterhin Geld ohne jegliche Auflagen, während sie gleichzeitig trotz linksradikalem Anstrich nichts tut, um von ihren vermögenden Mitbürgern Solidaritätsbeiträge in Form von Steuern einzutreiben. So wünschenswert ein Grexit oder Graccident im Interesse einer nachhaltigen Zukunft des Euros erscheinen mag, müsste in diesem Fall von einer Marktkorrektur von über zehn Prozent ausgegangen werden. Angesichts einer Eintrittswahrscheinlichkeit von vielleicht 25 Prozent für ein solches Ereignis macht es jedoch wenig Sinn, darauf zu spekulieren.

Kurse entwickeln sich dynamischer als Unternehmensgewinne

Generell gilt, dass sich die Kursanstiege der letzten Monate wesentlich dynamischer entwickelt haben als die Erhöhung der Unternehmensgewinne. Die gestiegene Bewertung macht den Aktienmarkt anfälliger für negative Überraschungen. Denkbare Risiken wären unerwartete Währungsturbulenzen, starke Gewinneinbrüche bei US-Unternehmen infolge der Dollar- und Ölpreisentwicklung oder gar ein heftiges Aufflackern der Zinserhöhungsdiskussion in den USA. Die aktuelle US-Berichtssaison, das sich abschwächende US-Wachstum und die niedrige Inflation liefern allerdings momentan wenig Hinweise auf solche Risiken.

Trotz zwischenzeitlich zunehmend optimistischer werdender Marktprognosen spricht der Umstand, dass große Asset Manager und Investoren ihr Aktienexposure mittels Gewinnmitnahmen schon deutlich reduziert haben, gegen kräftige Korrekturen. Grundsätzlich sollte die Aktienmarktentwicklung in den nächsten Monaten wesentlich holpriger verlaufen, wodurch der Stress-faktor bzw. die Volatilität deutlich zunehmen dürften.

Generell ist jedoch damit zu rechnen, dass Kurseinbrüche ähnlich wie im Putin-Crash im letzten Oktober als Schlussverkaufs-Gelegenheiten interpretiert und zum zügigen Wiedereinstieg genutzt werden. Wir werden versuchen, größeren Kursrück-schlägen mit Absicherungsmaßnahmen zu begegnen und Kaufgelegenheiten mutig zu nutzen.

Noch keine Blase in China

Der spannendste Bullenmarkt der Gegenwart ist sicherlich der chinesische Aktienmarkt. Empirische Studien belegen, dass es zwischen dem Wirtschaftswachstum und der Aktienmarktrendite eines Landes keine positive, sondern eine tendenziell sogar leicht negative Korrelation gibt. In keinem Land gibt es allerdings eine so ausgeprägt negative Korrelation wie in China. Nachdem die chinesische Führung 2009 gigantische fiskalpolitische Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung ergriffen hatte, war sie in den folgenden Jahren gezwungen, die überhitzte Wirtschaft mit einer restriktiven Geldpolitik wieder abzukühlen.

Gleichzeitig flossen ca. 50 Prozent des Privatvermögens in China in Immobilien, weniger als 10 Prozent in Aktien. Folge war eine grauenhafte Wertentwicklung am chinesischen Aktienmarkt vor dem Hintergrund einer gewaltigen Börsenhausse im Rest der Welt. Seit Mitte des letzten Jahres kühlt sich der Immobilienmarkt massiv ab und bremst das Wachstum der chinesischen Wirtschaft. Um eine zu starke, unerwünschte Abschwächung zu verhindern, begann die chinesische Zentralbank im letzten November mit der ersten Zinssenkung. Weitere Zinsschritte sind schon erfolgt bzw. werden noch kommen. In diesem Zeitraum stieg der chinesische Binnenmarkt (A-Shares) um ca. 75 Prozent.

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