Die Hersteller von Luxusgütern können zu Gewinnern der Euroschwäche werden. Der Konsum von edlen Handtaschen, Designeraccessoires und Markenschmuck werde derzeit vor allem von reisefreudigen Chinesen angekurbelt, sagen Experten.
„Touristen haben eine Schlüsselstellung – sie machen mittlerweile 30 bis 40 Prozent des weltweiten Marktes für Luxusgüter aus“, erklärt Scilla Huang Sun, die gemeinsam mit Andrea Gerst den JB Luxury Brands Fund von Swiss & Global Asset Management verwaltet. Tendenz steigend: Bis 2020 wird jeder zweite Chinese zur kaufkräftigen Mittelschicht gehören.
Shopping-Trips beliebt
„Für die wachsende chinesische Mittelschicht ist ein Shopping-Trip ins Ausland schick“, sagt Huang Sun. Aktuell heißen die bevorzugten Reise- und damit auch Einkaufsziele Tokio, Seoul und Taiwan. Doch für die Attraktivität des Reiseziels spielen auch die Wechselkurse momentan eine entscheidende Rolle – Europa ist aus dem fernöstlichen Blickwinkel günstig, die USA nicht.
Seit der Abwertung des Euros verzeichnen vor allem Modemetropolen wie Mailand und Paris mehr Touristen aus dem Reich der Mitte. Vom schwachen Euro profitieren deshalb vor allem europäische Luxusgüterhersteller. Der erstarkte US-Dollar hemmte die Kauflust der Chinesen, die die USA bereisen, ein wenig: Das Modeunternehmen Ralph Lauren sowie der Luxusschmuckhersteller Tiffany haben in den USA weniger Touristen verzeichnet.
Applewatch kaum Konkurrent
Die Aufwertung des Schweizer Franken trifft das Exportgeschäft von Schweizer Luxusuhrenherstellern weniger hart als andere Branchen. Denn starke Marken haben eine Preismacht und können deswegen Währungseffekte durch höhere Preise ausgleichen. „Nach der Aufwertung des Schweizer Franken im Januar haben Richemont und Swatch Preisanstiege von fünf bis zehn Prozent für ihre Uhrenexporte angekündigt. Dadurch können sie zum Teil den Druck auf ihre Gewinnmargen, den die erstarkte Schweizer Währung verursacht hat, wieder ausgleichen“, sagt Huang Sun.
Auch die Applewatch dürfte das Luxusuhren-Segment bis auf Weiteres nicht gefährden: „Ein hinderliches Element ist sicherlich die Batterielaufzeit von kaum 24 Stunden. Ein Erfolg der Uhr darf aber nicht ausgeschlossen werden, da Apple in der Vergangenheit schon oft seine Fähigkeit für erfolgreiche Produktlancierungen bewiesen hat“, sagt Huang Sun.
Attraktive Dividenden
Auch aus fundamentaler Sicht spricht vieles für Luxusgüterhersteller. „Die meisten Unternehmen haben starke Cash-Flow-Überschüsse. Zudem haben viele von ihnen für das vergangene Jahr ihre Dividendenausschüttungen erhöht“, sagt Gerst. Der Modekonzern Kering und der Kosmetikhersteller L´Oréal haben ihre Dividenden um acht Prozent, der Brillenhersteller Luxottica hob sie um elf Prozent an und zahlte zudem eine Sonderdividende.
Die Luxusgüterbranche zeichnet sich zudem durch Beständigkeit aus: Firmen wie LVMH, Hermès, Lindt, Estée Lauder und Tiffany haben über die vergangenen zehn Jahre nicht einmal ihre Dividendenausschüttungen gekürzt.
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Mit Blick auf den Einfluss des Tourismus auf den Absatz von Luxusgütern sind vor allem die Unternehmen am besten aufgestellt, die weltweit Filialen unterhalten. Der JB Luxury Brands Fund diversifiziert deswegen nach Regionen und Subsektoren und fokussiert sich auf gut geführte Unternehmen mit einer weltweiten Reichweite. Denn diese haben ein besseres Risiko-Ertrags-Profil als regional ausgerichtete Unternehmen. Obwohl zum Beispiel die chinesische Vorliebe für das Luxussegment ungebrochen ist und das Reich der Mitte schon jetzt 55 Prozent des globalen Wachstums ausmacht, sind Niederlassungen in China nicht entscheidend.
„Wegen der E-Commerce-Welle und der Präferenz der Chinesen, im Ausland einzukaufen, werden einige Unternehmen wahrscheinlich ihr Einzelhandelsnetzwerk in China zusammenlegen“, Gerst.
Für 2015 erwartet Swiss & Global AM einen Anstieg der Verkaufsraten für Luxusgüter von sechs bis acht Prozent (ohne Währungseffekte): „Wir sind der Ansicht, dass die Wachstumsraten 2014 ihren Tiefpunkt erreicht und mittlerweile überwunden haben“, sagt Gerst. Die Verkaufszahlen in Europa ziehen wieder an und die Zahl der Luxusgüterkonsumenten aus den Schwellenländern, die jetzt schon die Hälfe des globalen Verbrauchs ausmacht, wächst weiter.
Obwohl 2014 wegen der erlahmten Konjunktur in Europa, dem Fehlen konsumfreudiger russischer Touristen und den strengeren Regeln für Geschäftskundengeschenke in China der Luxusindustrie einen Dämpfer verpasst haben, sind die Absatzzahlen immerhin um durchschnittlich fünf Prozent gewachsen. Der Konsum in den USA konnte einiges kompensieren und zudem gab es bereits Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung in Südeuropa. Außerdem haben die Chinesen trotz schärferer Regulierung 2014 ihren Luxuskonsum im Ausland um mehr als 20 Prozent gesteigert. (mr)
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