Vontobel: Bessere US-Konjunkturdaten ermöglichen Zinserhöhung im Dezember

Im Oktober deutete die US-Notenbank an, dass im Dezember eine Zinsanhebung beschlossen werden könnte. Derweil konnten besser als erwartete US-Konjunkturdaten vermeldet werden. Die Daten bestätigen unsere frühere Prognose einer lediglich kurzfristigen Wirtschaftsflaute, so Christophe Bernard, Chefstratege von Vontobel.

Christophe Bernard, Vontobel: „Inzwischen haben etliche Wirtschaftsdaten aus den USA die Erwartungen übertroffen.“

Nachdem die US-Notenbank Fed an ihrem September-Treffen die Zinssätze unverändert belassen hatte, gingen wir davon aus, dass eine Anhebung der Leitzinsen am Treffen des Federal Open Market Committee (FOMC) im Dezember angekündigt würde. Tatsächlich deutete das FOMC, das für Leitzinsänderungen zuständige Fed-Gremium, im Oktober nahezu unmissverständlich an, dass es im Dezember die Zinsen zu erhöhen gedenke. Noch nie zuvor hat das FOMC eine mögliche Zinsanhebung quasi auf eine konkrete Sitzung hin bekannt gegeben. Der Dezember-Termin wurde auch von der Fed-Vorsitzenden Janet Yellen in ihrer Berichterstattung an den US-Kongress im November genannt. Sie sagte, dass die Möglichkeit („live possibility“) der ersten Zinserhöhung nach langer Zeit gegeben sei.

Arbeitslosenquote sinkt auf fünf Prozent

Inzwischen haben etliche Wirtschaftsdaten aus den USA die Erwartungen übertroffen. Am wichtigsten dürften dabei die Arbeitsmarktdaten für Oktober gewesen sein: Nach zwei schwächeren Monaten sank die Arbeitslosenquote weiter auf fünf Prozent und es wurden 271.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Außerdem stiegen die Stundenlöhne gegenüber Oktober 2014 um 2,5 Prozent, was der höchsten jährlichen Lohninflation seit Juli 2009 entsprach. Die jährliche Wachstumsrate des verfügbaren Realeinkommens sowie des realen Privatkonsums liegt mittlerweile seit zwölf Monaten über 3 Prozent und befeuert somit die Binnennachfrage. Der Automobilabsatz vermochte in den vergangenen beiden Monaten sogar mit einer jährlichen Wachstumsrate von 10 Prozent zuzulegen, was auf eine gute Konsumentenstimmung schließen lässt.

Auslandsnachfrage ist Sorgenkind

Die größte Sorge galt der schwachen Auslandsnachfrage (speziell in den Schwellenländern), die in Kombination mit einem starken US-Dollar das Wachstum im verarbeitenden Gewerbe bremsen würde. Tatsächlich verlangsamte sich das Produktionswachstum von 4,7 im Januar auf gerade noch 1,6 Prozent im September. Doch der Einkaufsmanagerindex verharrte über dem kritischen Schwellenwert von 50, derweil sich die Produktionszahlen sowie Subindizes für Neuaufträge wieder erholten. Die realen Exporte nahmen zu und erreichten im September die 4-Prozentmarke, nachdem sie in der Zeit von Mai bis August lediglich um 0,9 bis 2,3 Prozent zugenommen hatten.

Nach unserem Dafürhalten wird im Dezember ein erster Schritt des Fed folgen. Die Leitzinsen dürften im nächsten Jahr 2016 nur moderat ansteigen – denn die übrigen Arbeitsmarktindikatoren (abgesehen von der Arbeitslosenrate) deuten immer noch auf eine Arbeitsmarktschwäche hin. So beträgt die Beschäftigungsquote der wichtigsten Altersstufe (25 bis 54 Jahre) immer noch 2 Prozentpunkte weniger als vor der Krise – trotz einer Erholung um 2 Prozentpunkte seit dem Tiefpunkt während der Krise.

Reaktion der Märkte wie nach Lehrbuch

Angesichts der starken US-Konjunkturdaten und der beinahe gewissen Zinserhöhung im Dezember 2015 reagierten die Märkte wie nach Lehrbuch: generelle Aufwertung des US-Dollar, Anstieg der Renditenkurven von US-Staatsanleihen, Goldpreisschwäche, Outperformance der Aktienmärkte in der Eurozone und in Japan gegenüber US-Aktien sowie global von Finanz- gegenüber defensiven Werten. Die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe ist bisher nicht auf die US-Wirtschaft übergeschwappt. Die Divergenz zwischen der prosperierenden Binnenwirtschaft der USA und der globalen Handelsschwäche dürfte das Fed vor eine Herausforderung stellen, was das Ausmaß der Straffung betrifft.

US-Dollar bleibt Schlüsselvariable

Der US-Dollar bleibt eine Schlüsselvariable in der globalen Anpassungsgleichung, wobei ein anhaltender Aufwärtsdruck das wahrscheinlichste Szenario sein dürfte. Ein starker „Greenback“ wiederum wird das Fed daran hindern, die Zügel zu straff anzuziehen, damit das verarbeitende Gewerbe und Exportindustrie keinen Schaden nimmt. Außerdem könnte die Dollarstärke zu weiteren Abflüssen aus den Schwellenländern führen, was möglicherweise ernsthafte Auswirkungen auf fragile Anleihenemittenten hätte. Umgekehrt dient eine robuste US-Wirtschaft als Katalysator für globales Wachstum, der Europa und Japan auf ihrem Weg zur ökonomischen Erholung unterstützt.

Foto: Vontobel

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