Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt, mit seinen Einschätzungen zu den Ereignissen in China und den langfristigen Perspektiven für das Reich der Mitte.
In China fallen zurzeit viele Säcke Reis um. Man darf nicht den Fehler machen und den Aktienmarkt in China als Spiegelbild der Wirtschaft Chinas betrachten. Das geht in den USA und in Deutschland. In China haben wir es aber mit einer Zockerbörse zu tun wie wir das vom Neuen Markt her kennen. Da sind mehr Glücksritter als nachhaltige Investoren vertreten.
Lage besser als der Ruf
Die wirtschaftliche Lage in China ist also besser als ihr Ruf, der vom Aktienmarkt ausgeht. China wird im Rahmen seines neuen Fünf-Jahres-Plans 2016 bis 2020 ein ganzes Feuerwerk an künstlichen konjunktur- und geldpolitischen Maßnahmen abbrennen, was auch den Anrainerstaaten Chinas zugutekommt. Das hat zwar mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun, doch wird sich sicherlich keine westliche Exportnation über planwirtschaftlich, künstliche Befruchtung beschweren: China darf nicht kippen, denn wenn es kippt, kippt auch die Weltkonjunktur und-finanzwirtschaft, und das endgültig.
Neue Normalität in China
Die Anleger müssen sich an das „new normal“ niedrigerer chinesischer Wachstumsraten gewöhnen. Bereits jetzt steht beim chinesischen Wachstum – nach westlichen Maßstäben – schon längst nicht mehr die Sieben, sondern eher die Vier vor dem Komma. Allerdings muss man sich vor Augen führen, dass das nach wie vor weit mehr ist, als die Volkswirtschaften der westlichen Industrienationen vorweisen können.
Wirtschaftliche Ladehemmungen lange bekannt
Die westliche Anlegerwelt muss erkennen, dass China kein unbefleckt wachstumsstarkes Schwellenland mehr ist, sondern in der schnöden Realität der Industrieländer angekommen ist. Und ehrlich gesagt hat China seit mindestens Anfang 2014 wirtschaftliche Ladehemmung. Das ist nichts wirklich Neues. Erst die kürzlichen Kurseinbrüche haben unser Augenmerk verstärkt auf diese Probleme gelenkt.
Ansparpläne fortsetzen
Anleger sollten Ruhe bewahren und ihre regelmäßigen Ansparpläne unbeirrt fortsetzen. Denn bei gefallenen Kursen erhält man bei gleichem Euro-Anteil mehr Aktienanteil. Und bei Marktberuhigung sollte man die zyklischen deutschen Titel wieder zukaufen.
Foto: Baader Bank