Die Verunsicherung über die Stabilität der Deutschen Bank sitzt tief – trotz aller Bemühungen der Frankfurter, wieder Ruhe einkehren zu lassen. Und langsam werden auch andere Geldhäuser in Mitleidenschaft gezogen. Die Finanzmärkte sind hochnervös.
Die Lage für die Deutsche Bank spitzt sich zu. Offenbar verschreckt die Diskussion um die Kapitalausstattung der Bank mittlerweile erste wichtige Kunden. Börsianer reagierten mit massiven Verkäufen: Am Freitag sackte der Aktienkurs zeitweise um neun Prozent ab und lag damit erstmals unter die Marke von zehn Euro. Bis zum Nachmittag entspannte sich die Situation etwas und die Aktie konnte ihre Verluste halbieren.
Hintergrund waren Marktgerüchte, das Institut stehe vor einer Einigung mit der US-Justiz auf eine Strafzahlung in Höhe von 5,4 Milliarden US-Dollar für umstrittene Hypothekengeschäfte. Zuvor hatten Berichte, einige Hedgefonds in den USA hätten Geschäfte mit der Bank zurückgefahren und Geldbestände aus dem Handelsbereich des Instituts abgezogen, die Aktie auf Talfahrt geschickt. Deutsche-Bank-Manager Barry Bausano hatte von normalen Schwankungen gesprochen. Es habe in dieser Woche sowohl Zu- als auch Abflüsse gegeben.
Cryan macht Spekulanten für den Absturz verantwortlich
Deutsche-Bank-Chef John Cryan machte Spekulanten für den Absturz verantwortlich, die das Vertrauen in das Institut schwächen wollten. „Unsere Aufgabe ist es nun dafür zu sorgen, dass diese verzerrte Außenwahrnehmung unser Tagesgeschäft nicht stärker beeinflusst“, schrieb der Manager in einem Brief an die Mitarbeiter. Vertrauen stehe im Bankgeschäft am Anfang von allem. Cryan verwies darauf, dass der Konzern insgesamt mehr als 20 Millionen Kunden habe.
Über den Handelsbereich hinaus soll es bislang keine negativen Folgen für die Geschäfte der Bank geben, zitierte die „Financial Times“ einen Insider. Das gelte etwa für das wichtige Transaktionsgeschäft der Bank, bei dem sie für Großkunden weltweit deren Geldverkehr managt. Auch die Unternehmensfinanzierungsbereiche seien nicht betroffen.
Stabille Liquiditätssituation
„Wir sind und bleiben eine starke Deutsche Bank“, schrieb Cryan. Das Institut erfülle alle aktuellen Eigenkapitalanforderungen und sei beim Umbau im Plan. Die Risiken seien in den vergangenen Jahren deutlich reduziert worden. „Zu keinem Zeitpunkt in den vergangenen zwei Jahrzehnten war die Deutsche Bank, was ihre Bilanz angeht, so sicher wie heute.“ Zudem verfüge die Bank über Liquiditätsreserven von über 215 Milliarden Euro. Das sei ein „komfortabler Puffer“.
Unterstützung erhielt die Bank von Analysten. „Wir glauben, dass die Liquiditätssituation der Bank stabil ist“, schrieb Experte Jernej Omahen von Goldman Sachs in einer Einschätzung. Er betonte zugleich, die Bank brauche nun dringend gute Nachrichten. Auch Analyst Jon Peace von der Schweizer Großbank Credit Suisse hält die jüngste Entwicklung an den Börsen für übertrieben.
Reaktionen rund um den Globus
Auslöser für die große Nervosität der vergangenen Tage ist die Drohung der US-Justiz, der Bank für Vergehen mit Hypothekenpapieren eine Strafe von 14 Milliarden US-Dollar aufzubrummen. Die Deutsche Bank betont zwar, dass die Zahlung am Ende deutlich niedriger ausfallen werde. Dennoch herrschen an den Finanzmärkten derzeit Sorgen vor, dass das Institut das Geld nicht aus eigener Kraft aufbringen kann. In dieser Woche wurde deshalb bereits darüber spekuliert, dass die Bundesregierung an Notfallplänen für die Bank arbeite, was offiziell aber dementiert wurde.
Welche Unruhe mittlerweile herrscht, zeigten die Reaktionen rund um den Globus: Von New York bis Tokio fielen die Kurse, wobei Finanzkonzerne besonders litten. Die Deutsche Bank ist eng verflochten in der Branche. So verloren die Aktien großer US-Banken wie Goldman Sachs, JPMorgan oder Citigroup bis zu drei Prozent an Wert. Die Papiere der Commerzbank, die gerade selbst im Umbau steckt, fielen um sechs Prozent.
EZB versucht, die Lage zu beruhigen
Angesichts immer neuer Spekulationen um Kapitallücken und mögliche Staatshilfen haben die Aktien der Deutschen Bank in den vergangenen zwei Wochen ein Viertel an Wert verloren, seit Jahresbeginn schon mehr als die Hälfte. Die Bank ist derzeit an der Börse nur noch gut 14 Milliarden Euro wert.
Angesichts der hohen Nervosität an den Finanzmärkten versuchte die Europäische Zentralbank (EZB) die Lage zu beruhigen. „Die Banken sind heute (…) im Schnitt sehr viel besser kapitalisiert als vor der Krise, und auch bei der Aufsicht hat sich viel getan“, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger der „Börsen-Zeitung“. In unruhigen Zeiten würden solche „Verbesserungen im Gesamtbild“ oft vergessen. (dpa-AFX)
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