Die Anleihe-Welt hat sich in das Gegenteil verkehrt. Für Schulden wird meist kein Schuldzins mehr fällig. Im Gegenteil. Die Naumer-Kolumne
Das hätte sich Mick Hucknall, der Leadsänger von „Simply Red“, auch nicht träumen lassen, dass er eines Tages – ungewollt sicher – die Staatsanleihemärkte besingen würde. Dies aber ist der Fall, denn bei Staatsanleihen der Industriestaaten herrscht die Farbe Rot vor. Negative Renditen sind längst ein globales Phänomen. Ein Volumen von gut 8,3 Billionen Staatsanleihen – 35 Prozent des gesamten Marktes – haben eine Umlaufrendite von unter Null.
Bezogen auf die Eurozone beläuft sich der Anteil an Staatsanleihen mit negativer Umlaufrendite auf 55 Prozent des gesamten ausstehenden Marktvolumens an Euro-Staatsanleihen. Bei den deutschen Papieren sind es 80 Prozent. „Simply Red“ soweit das Auge reicht. In der 5.000-jährigen Geschichte von Schulden und Sühne wurde damit ein neues Kapitel aufgeschlagen ).
Galt es über die großen Reiche der Weltgeschichte als ausgemacht, dass für Schulden auch ein Schuldzins gezahlt werden muss, so hat sich dies jetzt in weiten Bereichen verkehrt. Die Schuldner müssen für Ihre Anlage in Papieren bester Bonität bezahlen.
Das legt für die Investoren zwei Handlungsmöglichkeiten nahe:
1. Die Risikoleiter hinauf wandern auf der Suche nach Kapitaleinkommen. Unternehmensanleihen (Kupons) und Aktien (Dividenden) geraten da ins Blickfeld.
2. Bei einer zu erwartenden erhöhten Liquidität auf Mischfonds und Multi-Asset-Lösungen setzen. Das Portfolio will aktiv gemanagt werden – und das lässt sich delegieren.
Hans-Jörg Naumer ist Global Head of Capital Markets & Thematic Research von Allianz GI.
Foto: Allianz GI