Dr. Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender der DJE Kapital AG, sagt, warum die Wirtschaftsstimuli in den USA nicht sofort wirken, weshalb bei einem Versagen der US-Konjunktur neue entlastende Maßnahmen der Fed notwendig werden könnte und aus welchem Grund Prognosen zu Europa äußerst schwierig sind.
Die Notenbank-Politik 2017 wird entscheidend durch die kommende Konjunkturentwicklung geprägt. Man geht allgemein von einem Wirtschaftsaufschwung in den USA im Zuge der Trump-Stimulierungen aus. Tatsächlich dürften kurzfristig aber der gestiegene Dollar und höhere Zinsen bestimmend sein. Die erwartete konjunkturstimulierende Wirkung der höheren Infrastrukturmaßnahmen – die schwierig durchzusetzen sein werden, da konservative Abgeordnete im Allgemeinen gegen hohe Defizite sind – wird erst 2018 wirken, eine verbesserte Konsumstimmung aber schon vorher. Im Raum stehen 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr, wobei Infrastrukturmaßnahmen längerfristig geplant werden müssen. Die Arbeitslosenquote bei Bauarbeitern ist bereits ohnehin stark gesunken, so dass wenig freie Kapazitäten und ein langer Planungszeitraum eine schnelle konjunkturstimulierende Wirkung erschweren.
Value-Aktien mit guten Aussichten
Es ist also keineswegs sicher, dass die US-Konjunktur überraschend stark anzieht und damit auch die US-Zinsen weiter sehr stark nach oben tendieren. Konjunkturell wäre ein starker Zinsanstieg ohne gleichzeitige starke wirtschaftliche Belebung schlecht für die Aktienmärkte. Sollte die US-Konjunktur enttäuschen, sind sogar neue Quantitative Easing-Aktionen in 2017 möglich, welche dann erneut positiv für die Aktienmärkte wären, weil dann wieder zusätzliche Liquidität zur Verfügung stünde. Generell dürften sich 2017 mit moderat steigenden Zinsen eher defensive Aktien des Value-Bereichs besser entwickeln als die in der Vergangenheit favorisierten, hoch bewerteten Wachstumsaktien. Der US-Dollar könnte schlechter abschneiden als allgemein erwartet. Einmal im Hinblick auf unerfüllte Zinssteigerungserwartungen, andererseits wegen enttäuschender Konjunkturentwicklungen.
Allerdings ist es denkbar, dass die Euro-Probleme via Italien und Frankreich 2017 zunehmen werden, so dass der Euro seinerseits unter Druck kommen könnte und auch Negativszenarien wie eine Aufspaltung der Eurozone wieder gegenwärtig werden könnten. Da kaum mit einem starken weltweiten Aufschwung zu rechnen ist, dürfte das Thema konkurrierende Abwertungen wie aktuell in China auch 2017 ein Thema bleiben.
Seite zwei: Zu hohe Inflationserwartungen