Das Thema „Vertrauen“ begleitet diesen Marktkommentar nun schon einige Wochen, zum Beispiel das Vertrauen der Marktteilnehmer in Aktien-Bewertungen und die Nachhaltigkeit der Unternehmensgewinne oder das schwindende Vertrauen der Bundesbürger in die etablierten Volksparteien. Kommentar von Michael Beck, Bankhaus Ellwanger & Geiger
Nun ist es an der EZB, aber auch an ihren Pendant-Institutionen in anderen Ländern, um den Fortbestand des Vertrauens der Finanzmärkte hinsichtlich der Wirkungsfähigkeit der weltweit ausufernden geldpolitischen Maßnahmen zu werben. Die US-amerikanische Zentralbank Fed versucht dies mehr recht als schlecht, indem sie immer wieder bekräftigt, in einen Zinserhöhungszyklus eintreten zu wollen, verschiebt dies aber immer wieder.
Die japanische Zentralbank öffnet ihre geldpolitischen Schleusen immer wieder, um die Märkte zu fluten. Die Erfolge der konjunkturellen Stimulierung sind überschaubar, immerhin scheint sie damit aber das Abdriften des Zinsniveaus in tiefere Minusregionen verhindern zu können. Nun stellt sich die Frage, ob die EZB am Donnerstag in ihrer Sitzung eine Verlängerung der bestehenden Anleihekäufe über den März 2017 hinaus ankündigt. Aktieninvestoren gehen wohl davon aus, da der Dax gestern in Vorfreude auf diesen Beschluss schon merklich angestiegen ist.
EZB muss Anleihekäufe drosseln
Die EZB wird jedoch nicht umhinkommen, mittelfristig diese Anleihekäufe etwas zu drosseln, da in einigen Monaten rein rechnerisch die verfügbaren Anleihen knapp werden. Immerhin darf die EZB nur ein Drittel der ausstehenden Emissionen erwerben. Gerechnet auf die Gesamtsumme ausstehender Anleihen dürfte dieser Zeitpunkt Mitte nächsten Jahres erreicht sein. Immerhin haben andere Zentralbanken, wie die Bank of Japan oder die schweizerische Nationalbank SNB, ihre Kaufpalette bereits erweitert und erwerben munter Aktien. Die Schweizer Notenbanker investieren in ausgewählte Blue Chips, die japanischen Vertreter ihrer Zunft stocken ihre Aktienbestände über ETFs auf.
Ob dies ein Modell für die EZB ist, darf zunächst bezweifelt werden, ist aber für die Zukunft nicht auszuschließen. Ähnlich wie in den USA, wo der nächste Zinsschritt in der Fed-Sitzung Anfang Dezember verkündet werden dürfte, wird die EZB ihre Entscheidung hinsichtlich der Fortführung, Einstellung oder Reduzierung des Anleihenkaufprogramms wohl im Dezember verkünden. Wichtig wird dabei eine transparente und moderate Vorgehensweise sein, um die Märkte nicht zu verschrecken. Das Hauptziel muss jedoch sein, die unsägliche Minuszinsphase zu beenden, um dem europäischen Bankensektor die Möglichkeit zu geben, seinen Reform- und Erholungskurs fortzusetzen.
Michael Beck ist Leiter Asset Management beim Bankhaus Ellwanger & Geiger in Stuttgart.
Foto: Thomas Bernhardt