Die Börsen zeigen derzeit eine unglaublich dicke Hornhaut gegenüber allen Arten von Krisen. Auch, dass das politisch, militärisch und nicht zuletzt wirtschaftlich große Britannien die heilige EU-Familie verlassen will, wird nicht als Freveltat betrachtet. Die Halver-Kolumne
Zugegeben, Großbritannien hatte innerhalb der Verwandtschaft immer die Rolle der bösen Schwiegermutter: Weihnachten und Ostern war sie zwar immer da, doch jeder freute sich, wenn die Feiertage wieder vorbei waren.
Brexit als Non-Event?
Trotzdem, der Verlust der „Schwiegermutter“ wäre für die familiäre Stabilität schade. Es fehlte eine wichtige Zuchtmeisterin, die verhindert, dass der romanische Familienstrang die Rest-EU Richtung Schulden-Union ausrichtet. Aber wo sind jetzt die apokalyptischen Reiterstaffeln, die die Finanzmärkte doch mindestens genauso niedermachen müssten wie an den Chaos-Tagen um Griechenland? Sie scheinen gar nicht erst aufs Pferd zu kommen. Wie kommt das denn?
Einerseits liegt das an der EU-Politik, die so tut, als könne sie auch noch das größte politische Problem aussitzen. Die Zeit heile alle Wunden. Und wenn dann irgendwann das Austrittsgesuch der britischen Regierung bei der EU-Kommission in Brüssel eingeht – so die Hoffnung der EU-Politik – wird das Thema Brexit keine größere Bedeutung mehr haben als die Frage, ob die Bayern die Dortmunder oder umgekehrt schlagen. Treten sie überhaupt aus? Insgeheim will Berlin, dass die stabilen und marktwirtschaftlich orientierten britischen Alliierten trotz Brexit-Referendum bei der Stange bleiben. Selbst wenn sie de jure austreten sollten, will man es irgendwie schaffen, dass sie de facto nicht ausgetreten sind. Das klingt ähnlich wie bei einer Autowerbung: „Nichts ist unmöglich, Europa!“
Andererseits verfolgt die Geldpolitik auf der Insel und dem Kontinent konsequent das Motto „Wer Sorgen hat, hat auch Likör“. Kein auch politisches Problem kann doch wirklich so groß sein, dass es nicht in Liquidität ersäuft werden könnte. Also haben politische Börsen kurze Beine, oder?
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