Die jüngere Vergangenheit war nicht einfach für Aktien aus dem Energiesektor aufgrund der Rückgänge der Rohstoff- und Energiepreise. Dazu erlebten die globalen Aktienmärkte einen der schwärzesten Jahresauftakte ihrer Geschichte.
Die Abwertung des Renminbi, der weitere Fall des Ölpreises und damit einhergehend die steigenden Kreditausfallrisiken sowie allgemein schwächere Wirtschaftsindikatoren waren die Hauptursachen. “Entsprechend drückten Deflationsrisiken und eine erwartete Abschwächung der globalen Nachfrage die Aktienpreise. Anlagen wie Energieaktien, die einem durchschnittlich höheren Risiko im Marktvergleich unterliegen, waren von der Verkaufswelle am stärksten betroffen.
Ab Mitte Februar setzte dann eine Beruhigung an den Märkten ein, getrieben auch durch die starke Erholung des Rohölpreises. Damit einhergehend stiegen vor allem die tief bewerten Ressourcenaktien stark an. Seit Jahresanfang weisen die volatilen Energieaktien damit eine praktisch unveränderte Wertentwicklung auf“, sagt Paolo Zagaria, Manager des Swisscanto (LU) Equity Fund Global Energy.
Abbauphase im Rohstoffzyklus hat begonnen
Zur aktuellen Situation äußert sich Zagaria: “Wir sind überzeugt, dass wir uns strukturell von der Investitionsphase des Rohstoffzyklus verabschiedet haben und wir uns in einer so genannten Abbauphase befinden. Diese ist gekennzeichnet durch eine mehr als ausreichende mittelfristige Angebotssituation. Abbauphasen weisen vor allem in der Anfangsphase starke deflationäre Tendenzen auf, womit der Druck auf die Margen ansteigt und die Profitabilität der Energieunternehmen stark sinkt.
Der Anpassungsprozess auf der Angebotsseite hat zwar begonnen, wird aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Ein Grund dafür ist letztlich auch, dass sich frühere Investitionen erst zeitverzögert auf die Produktion auswirken und damit das Überangebot weiter akzentuieren. In einem Umfeld mit prall gefüllten Lagern können kleine Veränderungen von Einflussfaktoren die Preise negativ beeinflussen.“
Weiter meint Zagaria: “Energieaktien haben zwar viel der negativen Nachrichten eingepreist, das Umfeld mahnt aber weiterhin zur Vorsicht. Attraktiv bewertete Qualitätsaktien (solide Bilanzen, Assets mit tiefer Kostenstruktur, Wachstumsoptionen auch bei tiefen Ölpreisen) sollten weiterhin bevorzugt werden. Die verheerende Vermögensvernichtung, welche seit dem Sommer 2014 stattgefunden hat, wird das Investitionsverhalten der Energiefirmen schrittweise nachhaltig verändern.
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Der Fokus lag und liegt weiter auf Kosten sowie Qualität der Portfolio Assets und der Wachstumsfokus wird weiter nachlassen, da bei diesen Preisniveaus nur wenige Projekte zu rechtfertigen sind. Dies wiederum wirkt sich für den Öl-Dienstleistungsbereich stark negativ aus, da er nicht nur unter dem Kostendruck leidet, sondern auch über Jahre hinweg Überkapazitäten ausweisen wird und damit redimensioniert werden muss.“
Unsicherheit bietet Opportunitäten
“Wir glauben, dass die erhöhte Unsicherheit zugleich Opportunitäten bietet, um mittels einer erfolgreichen Einzeltitelselektion eine Mehrrendite zu erzielen. Wir setzen primär auf Qualitätstitel, die attraktiv bewertet sind, eine Kapitalrentabilität über ihren Kapitalkosten erwirtschaften sowie mit bewährten Geschäftsmodellen und stabilem Management überzeugen. Die Bewertungen sind – sofern es zu einer Normalisierung der Rohölpreise kommt – günstig.
Aufgrund der Deflationstendenzen und dem erwarteten schrittweisen Anpassungsprozess setzen wir eher auf Integrierte Ölkonzerne, vor allem in Europa, sowie US Schieferöl-Produzenten mit stabilen Bilanzen und einem qualitativ hochstehenden Portfolio mit tiefen Produktionskosten. Die US Schieferöl-Produktion ist aufgrund der starken Effizienzsteigerungen von der Kostenstruktur her gut aufgestellt. Zusätzlich sind die kurzen Investitionszyklen in einem volatilen Umfeld attraktiv. Die defensiveren Pipeline-Unternehmen erscheinen uns aufgrund der niedrigen Bewertungen sowie der hohen Eintrittsbarrieren ebenfalls interessant“, so der Fondsmanager.
“Erdgas dürfte aufgrund der tieferen CO2-Emissionen den Anteil am Energiekuchen mittelfristig ausbauen und damit nachfrageseitig stärker und nachhaltiger wachsen. Aktuell leidet das Erdgassegment unter demselben Überangebot wie der Ölbereich. Die Angebotskürzungen sind aber auch hier langsam ersichtlich. Die Investitionen der Vergangenheit werden den Markt noch einige Zeit überversorgen, dennoch sollte die Anpassung aufgrund der stärkeren Nachfrage nachhaltiger sein. Reine Erdgasproduzenten wie auch integrierte Firmen mit hohem Erdgasproduktionsanteil erscheinen unter diesen Rahmenbedingungen sehr attraktiv bewertet. Dennoch sollte auch in diesem Segment auf Qualität gesetzt werden“, meint Zagaria abschließend. (tr)
Foto: Swisscanto