Nach dem Referendum in Italien bleibt Italien ein Mitglied der Eurozone. Bisherige Ängste haben sich nicht bestätigt. Gastkommentar von Igor de Maack, DNCA
Die Märkte haben den jüngsten Wahlen beziehunbgsweise Volksabstimmungen unverhältnismäßig viel Bedeutung beigemessen und sie damit zu belastenden Ereignissen gemacht, mit denen vernünftig umgegangen werden muss. Wie üblich wird die Wirtschaft bald wieder die Oberhand gewinnen und sonstige Faktoren in ihrer Bedeutung begrenzen.
Wie die meisten Meinungsumfragen bereits vorhergesagt hatten, haben die italienischen Wähler gegen Matteo Renzis Vorschlag, die Rolle des Senats zu reformieren, gestimmt. Im Anschluss an seinen Rücktritt läutet das Ergebnis des Referendums nun eine Phase der Unsicherheit ein, was in der italienischen Politik jedoch nicht unüblich ist.
Wahlen erst 2018
Die vorgezogenen Wahlen werden voraussichtlich 2018 abgehalten und es ist unsicher, ob die populistische Fünf-Sterne-Partei dort eine regierungsfähige Mehrheit erreichen kann. Zudem müsste, falls ein Austritt aus der Eurozone vorgeschlagen würde, hierüber wiederum per Referendum entschieden werden. Das Beispiel Griechenland zeigt, dass die Wähler nicht unbedingt von den Vorteilen überzeugt sind, die ein Austritt aus der Eurozone mit sich bringt. Die Ergebnisse haben sich bisher nur eingeschränkt auf die italienischen Zinssätze ausgewirkt. Der Aufschlag gegenüber deutschen Staatsanleihen pegelte sich bei etwa 170 Basispunkten ein.
Es muss aber gleichzeitig erwähnt werden, dass italienische zehnjährige Staatsanleihen eine Rendite von fast 2,0 Prozent bieten, verglichen mit 2,4 Prozent für US-Staatsanleihen mit der gleichen Laufzeit. Das stellt eine paradoxe Situation für diejenigen dar, die die italienische Wirtschaft bereits am Rande des Zusammenbruchs sehen. Auch wenn die Rekapitalisierung des italienischen Bankensystems durch die chronische politische Instabilität erschwert wurde, haben die von der Eurozone und der Bankenunion eingerichteten Rettungsmaßnahmen zumindest einen Lösungsentwurf geschaffen, den es vor der Krise 2011 schlicht nicht gab.
Ölpreisanstieg bringt Stabilisierung
Das OPEC-Treffen brachte eine angenehme Überraschung für Investoren hervor und lies den Ölpreis schnell ansteigen. Die Stabilisierung des Ölpreises ist eine gute Nachricht für Ölproduzenten sowie die gesamte Branche, die hinsichtlich ihrer Investitionsausgaben den weltweit größten Industriesektor darstellt.
Die OPEC entschied, die Fördermenge um 1,2 Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren, bei einem Produktionsziel von 32,5 Millionen Barrel pro Tag. Die Entscheidung benötigt auch die Zustimmungen von Ölproduzenten, die nicht der OPEC angehören, ihre Produktion um 0,6 Millionen Barrel pro Tag zu drosseln.
Russland und Oman haben offenbar bereits zugestimmt. Es ist immer schwierig sicherzustellen, ob diese Verringerung der Produktion tatsächlich umgesetzt wird, da die Beteiligten sie oft umgehen oder nicht einhalten. Trotzdem ist dieser Schritt wirtschaftlich und politisch gesehen ein positives Signal. Vom wirtschaftlichen Standpunkt sollte er zum einen Angebot und Nachfrage für Öl für 2017 ausgleichen und zum anderen – vom politischen Standpunkt gesehen – verringert er die Spannungen zwischen den beiden größten muslimischen religiösen Mächten, Saudi Arabien und Iran. Die Fortführung großer Projekte vor dem Hintergrund eines höheren Ölpreises sollte den Kapitalertrag für die großen Mineralölkonzerne deutlich steigern. Die Ölindustrie sowie der Sektor der Rohstoffgewinnung insgesamt ist, an den Investitionsausgaben gemessen, der weltweit größte Industriezweig. Die Entscheidung der OPEC wurde von den internationalen Finanzmärkten wohlwollend aufgenommen.
Wirtschaft behält Oberhand
Nach den drei politischen Schocks, Brexit, Donald Trump und das italienische Referendum, wird die Wirtschaft wie üblich wieder die Oberhand gewinnen und sonstige Faktoren in ihrer Bedeutung begrenzen. Angesichts einer sich stabilisierenden Nachfrage, dauerhaft niedriger Kreditkosten und eines schwachen Euros wächst die europäische Wirtschaft vorerst weiter.
Die jüngsten Veröffentlichungen von Geschäftszahlen bestätigen ein weltweites Wachstum von 3,0 Prozent für 2017. Entgegen allen Erwartungen ist die Welt weder wirtschaftlich noch finanziell im Chaos versunken, was schlussendlich die Lehre ist, die aus diesem Jahr gezogen werden kann, in dem drei große Wahlen beziehungsweise Volksabstimmungen stattfanden, von denen zwei mit einer großen Überraschung endeten. Jedes Mal hatten Investoren aus den USA und dem Vereinigten Königreich versucht, die Märkte der Eurozone abzustrafen, während die US-Märkte sich weiterhin sprichwörtlich in der Schwebe zu befinden scheinen.
Doch die Eurozone besteht fort und europäische Unternehmen zahlen dank solider Bilanzen und vernünftigem Cashflow-Management großzügige Dividenden aus. Die Indizes der Eurozone sowie einige französische Indizes (CAC 40) zeigen eine bessere relative Kursentwicklung als andere, weiter gefasste allgemeine europäische Indizes. Obwohl es noch zu früh ist, Prognosen für das Jahr 2017 abzugeben, sollten Ereignisse, die zu einer erhöhten Volatilität führen, nichtsdestotrotz genutzt werden, um Positionen in den am meisten vernachlässigten Anlageklassen, wie den europäischen Substanzwerten, taktisch zu stärken.
Igor de Maack ist Portfoliomanager und Sprecher des Portfoliomanagements bei DNCA, Paris
Foto: DNCA