Allan Valentiner, Vorstandsmitglied der AMF Capital AG: „Das Jahr 2016 ist „untypisch“, der Jahresauftakt war überraschend schlecht, von einer „Jahresauftakt-Rally“ nichts zu sehen. Die Befürchtungen über eine konjunkturelle Abschwächung in China und in anderen aufstrebenden Volkswirtschaften (Emerging Markets) drückte ebenso auf die Anlegerstimmung wie der Beginn der Zinserhöhungen in den USA und die politischen Unsicherheiten in Europa (Griechenland, Brexit, usw.). Dazu kamen die Terroranschläge in Europa, in deren Zusammenhang der europäische Aktienmarkt hinter dem US-Markt zurückblieb.
„Sell in May fällt dieses Jahr aus“
Aktuell wird allerdings deutlich, dass die Gewinnrezession in den US-Q1-Zahlen eingepreist ist und die Unternehmen insgesamt eher positiv überraschen. Der US-Arbeitsmarkt sieht sehr robust aus, die politische Situation in Europa beherrscht derzeit kaum die Schlagzeilen. Bis heute haben sich die Indexstände zwar wieder an das Jahresend-Niveau herangearbeitet, die positive wirtschaftliche Entwicklung wird bisher jedoch kaum widergegeben. Die ökonomische Situation der Unternehmen enthält somit durchaus einiges Kurs-Potenzial, die sonst so ruhigen Sommermonate sollten einen gewissen Aufhol-Effekt aufweisen.
In (Börsen-) Weisheiten spiegeln sich immer ein Körnchen Wahrheit – allerdings muss man abgleichen, worin und wann diese Weisheiten ihren Ursprung hatten. Und blind darauf zu vertrauen ist sicherlich nicht zweckmäßig: Ausnahmen gibt es von jeder Regel, das zeigt der schwache Jahresauftakt 2016 an den Aktienbörsen schmerzlich. Es könnte also sein, dass sich die traditionell schwächeren Börsenmonate in 2016 untypisch darstellen und die positive Entwicklung seit Mitte Februar fortsetzen.“
„Geldanlage sollte nicht auf Mythen basieren“
Christina Löper, Vermögensberaterin bei der Sutor Bank: „Mythen an den Finanzmärkten gibt es viele, unter anderem die alte Börsenweisheit „Sell in May and go away.“ Aber sind pauschale Verkäufe im Mai wirklich sinnvoll? Viel wichtiger sollte die Frage sein, warum der Verkauf von einem oder mehreren Werten in Betracht kommt, und welche Alternativen es gibt. Eine sinnvolle Alternative ist sicherlich nicht, die Liquidität auf einem unverzinsten Konto liegen zu lassen.
Anstelle von alten Börsenweisheiten, die sicherlich dann und wann mal zutrafen, sollte der kluge Anleger auf ein langfristig nachhaltiges Anlagekonzept in Einklang mit seiner Lebensplanung setzen und an diesem festhalten. Investiert zu bleiben wird sich langfristig deutlich positiver sowohl auf das Nervenkostüm als auch auf den Geldbeutel auswirken. Geldanlage sollte nicht auf Mythen basieren.“ (tr)
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