Sommer 2016 – an den Finanzmärkten wird er nicht heiß

Ohne Zweifel ist die Lage an den Finanzmärkten nicht krisenbefreit. Allein die politischen Konflikte stellen normalerweise große Unsicherheitsrisiken dar. Dennoch sind die Beine der politischen Börse zunächst kurz. Die Halver-Kolumne

Robert Halver, Baader Bank
Robert Halver, Baader Bank

Während die neue Premierministerin May den Briten kein Austrittsergebnis mit deutlichen Wohlstandseinbußen präsentieren kann, darf die EU den Briten keinen Deal anbieten, der ihren Austritt noch belohnt und zu Nachahmeffekten führen könnte. Also spielen beide Seiten auf Zeit, die auch alle politischen Wunden heilt: Bis der britische Austrittsantrag eingegangen ist und die rechtlichen Herausforderungen in puncto Zugang zum EU-Binnen- und Finanzmarkt bewältigt sind, hat der Brexit so viel an medialer Präsenz verloren, dass sein politisches Schadenspotenzial für die EU vernachlässigbar ist. Und am Ende wird ein Rechtsrahmen stehen – das Motto in der EU lautet „Was nicht passt, wird passend gemacht“ – der auch zukünftig eine sehr enge Wirtschafts-Zweckehe zulässt.

Substanz spricht für deutsche Aktien

Nach dem Brexit-Votum werden zwar erste Konjunkturbedenken laut: Der IWF sieht Verbraucher- und Investorenvertrauen durch die politische Unsicherheit belastet und stutzt seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft. Mit 3,1 (zuvor 3,2) in diesem und 3,4 Prozent (zuvor: 3,5) im nächsten Jahr hält sich die Skepsis jedoch in engen Grenzen. Doch selbst wenn theoretisch größere konjunkturelle Verwerfungen auftreten sollten, wird durch die EZB hüben und die Bank of England drüben finanzwirtschaftlichen Kollateralschäden praktisch massiv entgegengewirkt. Ein britischer Aktienleitindex FTSE 100 aktuell auf Jahreshoch bei geläuterter Volatilität zeugt von großer Entspanntheit der Anleger.

Einerseits ist politische Verunsicherung – die realwirtschaftlich streut – ein Handicap für industrie- und exportlastige deutsche Aktien. Andererseits können genau diese Titel längerfristig als Alternative von einem mit Unsicherheit behafteten britischen Finanzplatz profitieren. Aussichtsreich sind vor allem Titel aus MDax und SDax, die im Ausland bewundernd „German Mittelstand“ genannt werden.

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Sie profitieren von ihrem breiten Industrie-Know How und zahlreichen Patenten im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung der Weltwirtschaft, der sogenannten „Industriellen Revolution 4.0“. Da die Selbstentwicklung der hierfür erforderlichen Schlüsseltechnologien in anderen Ländern zu aufwendig ist bzw. zu viel Zeit in Anspruch nimmt, kommt deutschen Industrieperlen Übernahmephantasie zugute.

Seite zwei: US-Aktien als sicherer Hafen

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