Mit dem italienischen Referendum steht das dritte politische Großereignis in diesem Jahr an. Auch diesmal müssen Fondsmanager die erhöhte Unsicherheit berücksichtigen. Der Rademacher-Kommentar
Deutsche Anleger gelten entsprechend vieler Studien traditionell als besonders risikoscheu. Hierauf haben sich auch die Asset-Manager eingerichtet, die häufig versuchen, die Volatilität ihrer Aktienstrategie auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten. Die zahlreichen und wichtigen politischen Großereignisse machten es den Fondsmanager bislang aber besonders schwer, dieses Ziel gut einzuhalten.
Hektik auf dem Parkett erwartet
Mit dem italienischen Referendum steht jetzt das nächste bedeutende Großereignis am Wochenende an. Deshalb dürfte es am Montag morgen in Frankfurt erneut hektisch zugehen. Dies liegt besonders daran, dass das Ergebnis aktuell noch völlig offen ist. Zudem ist das Risiko für die europäischen Kapitalmärkte besonders groß.
Sollte sich Italien tatsächlich gegen Renzi entscheiden, so droht im Extremfall, dass der Stiefelstaat aus der Eurozone ausscheidet. Dies wäre noch wesentlich dramatischer als die Griechenlandkrise, da Italien über ein neunmal höheres BIP verfügt, als die Hellenenrepublik. Zudem ist das italienische Bankwesen mit Instituten wie der Unicredit wesentlich enger mit Deutschland verflochten ist, als griechische Institute.
Algo-Trading verändert Märkte
Abgesehen von diesen Ereignissen, ist generell der Trend zu erkennen, dass die Aktienkurse immer schneller und immer heftiger schwanken. Fondsmanager die bereits vor zwanzig Jahren aktiv waren, erinnern sich noch gut an die alte Zeit, wo sich die Kurse noch viel gemächlicher bewegten und einfacher zu prognostizieren waren. Dies hat sich mit dem Einzug des algorithmischen Handels aber immer mehr zu Ungunsten der Portfoliostrategen geändert.
Da sich die Tendenz zum computergesteuerten Handel immer weiter fortsetzen wird, dürfte die Volatilität langfristig noch anziehen. Deshalb arbeiten Fondsmanager jetzt an immer stärker ausgeklügelten Verfahren um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Nicht umsonst ist die Nachfrage nach Mathematikern und Programmierern auch bei Asset-Managern unverändert groß.
Professionelles Management wird immer wichtiger
Da diese vielseitigen Anforderungen von kleineren institutionellen Playern und von Privatanlegern kaum noch zu bewältigen sind, nimmt die Bedeutung von systematisch agierenden Asset-Managern sogar noch zu. Nur sie können große Expertenteams rentabel beschäftigen, welche sich auf die wandelnde Marktsituation einstellen können. Dies macht ein gewisses Anlagevolumen bei den jeweiligen Fonds erforderlich, da diese Profis am Arbeitsmarkt sehr begehrt sind.
Die immer komplexer werdende Systematik des Asset-Managements dürfte die Kosten für die Fondsgesellschaften in den kommenden Jahren nach oben treiben. Die Technisierung von Investitionsentscheidungen sollte massiv zunehmen. Deshalb dürfte innerhalb der Branche ein gewisser Konzentrationsprozess stattfinden, welche kleinere Anbieter eher dazu zwingt, sich Nischen zu suchen.
Mit der Weiterentwicklung der Investmenttechnologie könnte es im nächsten Jahrzehnt sogar zu einer echten Revolution bei Anlageentscheidungen kommen. Schon jetzt erwarten Fachleute, dass sich die künstliche Intelligenz in diesem Bereich immer weiterentwickelt und den Menschen mehr und mehr verdrängt.
In Frankfurt wird diese Entwicklung von vielen Branchenkennern ebenfalls sehr genau verfolgt. Bereits im Sommer hielt der Acatis Experte Dr. Henrik Leber einen spannenden Vortrag über diese Entwicklung. Damals verglich er diese Technologie mit selbst fahrenden Autos, die ebenfalls immer schlauer bei automatisierten Entscheidungen werden. Auch in der Mainmetropole wird immer häufiger über „neuronales Investieren“ gesprochen, da hier ein Megatrend der Zukunft liegt.
Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.
Foto: Dirk Beichert